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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Was ist eine Spezies?



Captain Nemo
31.03.2009, 22:28
Hallo Leute,

heute in der sueddeutsche.de gefunden: Artikel über die alte Streitfrage in der Biologie, ob die klassische Einteilung in Genus und Species (Gattung und Art) adäquat ist. Neu aufgeflammt durch die neuzeitlichen Möglichkeiten der DNA-Analyse.

Der Artikel hat vorwiegend Beispiele aus dem Regnum Fauna, aber viele Aspekte haben mich auch an Flora erinnert (insbesondere Cactaceae ;-)).

Artikel ist hier (http://www.sueddeutsche.de/wissen/923/463531/text/).

Grüße,
Captain Nemo

MarcoPe
31.03.2009, 22:36
Interessanter Artikel!

Es spricht ja sehr viel für die Evolutionstheorie. Wenn aus einer Art eine andere oder neue entstehen kann, sollte es doch natürlicherweise schwierig sein, diese gerade neu entstehenden Arten untereinander abzugrenzen.

Einige Arten (die meisten) sind mit Sicherheit eindeutig abgrenzbar. Einige eher nicht. Für mich spricht das für die Evolutionstheorie und die Einteilung in Gattung und Art.

Bei den Kakteen besteht das Problem teilweise gerade darin, dass es keine sauber trennbaren Arten gibt, weil diese noch zu jung sind. Andere Arten sind untereinander nicht oder nur schwer Kreuzbar (bei vielen Mammillarien zum Beispiel). Hier ist die Art eindeutiger.

Gruß
Marco

eriosyce
01.04.2009, 22:58
Danke für den Hinweis auf den lesenswerten Artikel.
Er beschreibt eindrucksvoll das Dilemma in dem sich Taxonomen befinden, wenn sie Lebewesen (Pflanzen oder Tiere) mit sinnvollen Namen versehen sollen. Seit Linne gilt das binomische System, das eine zweistufige Einteilung in Gattung und Art vorschreibt. In der Botanik ist der "Internationale Code der Botanischen Nomenclatur ICBN" bei der Namensgebung zu beachten. Hier wird genau beschrieben wie bei der Benennung einer Pflanze vorzugehen ist. Es muss z.B. eine lateinische Beschreibung verfasst werden, ein Herbarbeleg (Pflanzenpräparat) muss bei einer geeigneten Stelle hinterlegt werden, die Veröffentlichung darf nur in einer Publikation mit besonderen Spezifikationen erfolgen usw.

Aber zwei Dinge sind im ICBN nicht enthalten. Erstens gibt es keinerlei Richtlinien welche Unterschiede in welchem Ausmaß zwischen zwei Pflanzen bestehen müssen, damit eine Unterteilung in zwei Arten zulässig ist. Diese Entscheidung wird allein dem Beschreiber (Autor) überlassen. Solange die Vorschriften des ICBN eingehalten werden, kann eigentlich jeder ein neue Art gültig beschreiben oder bestehende Einteilungen ändern. Daher ist es wichtig, bei Pflanzennamen den Autor anzuführen, sonst wäre das Chaos perfekt.
Und zweitens gibt es im ICBN keinerlei Richtlinien für eine Qualifikation der Autoren. Man muss durchaus kein Botaniker sein um eine Pflanze neu zu beschreiben, obwohl das nicht schaden könnte.

Im Bereich der Kakteen befassen sich viele Liebhaber mit taxonomischen Fragen. Da gibt es wohl einige menschliche Beweggründe die zur Beschreibung neuer Arten Anlass geben. Zum Beispiel hatte Friedrich Ritter, dem wir viele Erkenntnisse verdanken, mit Hilde Winter eine Schwester, die eine Samenhandlung betrieb von der die Feldforschungen Ritters im wesentlichen finanziert wurden. Da ist es wohl naheliegend bei mehreren ähnlichen Pflanzen mehrere bei den Sammlern gefragte neue Arten zu kreieren als die geringfügigen Unterschiede als Auswirkungen verschiedener Standortbedingungen einer Art auszulegen.

Und dann gibt es die Bestrebungen vieler Liebhaber, als Namensgeber einer Kakteenart unsterblich zu werden. Eventuell reicht auch eine subspecies oder Varietät. Liebhaber X benennt eine Pflanze, von der er glaubt sie könnte als neues Taxon gelten, nach Liebhaber Y, und umgekehrt.

Das alles hat mit der Evolution, also mit der Entwicklung unserer Kakteen aus uns nicht bekannten Vorfahren wenig zu tun. Es ist auch unwahrscheinlich. dass sich die Art B aus der Art A entwickelt hat. Es ist wohl so, dass Arten mit gemeinsamen Merkmalen (verwandte Arten) von Vorfahren abstammen die auch diese Merkmale aufwiesen aber nicht identisch mit A oder B sind. Hier werden DNA-Untersuchungen wohl besseren Einblick in die Verwandtschaftsverhältnisse bringen. Das Ziel sollte m.E. sein, dass die Nomenclatur die Entwicklungsgeschichte der Pflanzen widerspiegelt.

Grüsse, Adolf