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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kalkverträgliche / Kalkliebende Kakteen



Hardy_whv
28.11.2008, 18:50
Die Suche nach Informationen, welche Kakteen Kalk vertragen oder gar verlangen ist für mich immer noch ein Puzzlespiel. Auch die Suche hier im Forum bringt nur viele kleine Bruchstücke, aber keine Zusammenfassung zum Thema (FAQ?!). Entweder man findet ein Buch, dass hierzu was sagt oder man setzt sich intensiv mit Angaben zum Standort auseinander (was sicher grundsätzlich auch sehr lehrreich ist).

Jetzt hab ich im Internet eine Liste gefunden, die kalkliebende Arten/Gattungen aufführt: http://www.oxford.bcss.org.uk/cultivation/limestone.htm

Was meint ihr zu der Liste?


Gruß,

Hardy 8-)

Lupus
28.11.2008, 19:43
Hallo Hardy,

zu der Liste fällt mir spontan noch (in Gattungen, nicht zwangsläufig alle Arten) Acharagma, Lophophora, Leuchtenbergia, Pediocactus, Toumeya, Cumarinia, Obregonia, Pelecyphora, Turbinicactus, Thelocactus, Echinofossulocactus (kann mich nicht an Stenocactus gewöhnen...), einige Opuntien ein, die auch auf Böden mit teilweise hohen Salzkonzentrationen vorkommen. Und ich denke es gibt noch viele andere die in der Liste nicht aufgeführt sind.
Aber meiner Meinung nach haben diese Pflanzen nur eine Toleranz gegen hohe Salzkonzentrationen, brauchen diese Salzkonzentrationen aber nicht zwangsläufig, sondern kommen auch im neutralen Bereich gut zurecht. Daher denke ich, ist es nicht so wichtig, eine derartige Liste zu erstellen. (Was aber natürlich niemanden davon abhalten soll, es trotzdem zu tun ;-))

Gruß,
Julian

Edit: Hoppla, hab gerade gesehen, dass einige von mir aufgeführte Gattungen eh in der Liste enthalten sind. Hab ich wohl nicht genau geschaut :oops:

Flor
28.11.2008, 19:48
Hallo,

bei Steven Brack (Mesagarden) http://www.mesagarden.com/ findet man Hinweise zu kalkholden Kakteen/Sukkulenten.
Diese sind mit der Kennziffer "13" gekennzeichnet. Schau dort mal rein, dann wirst du das finden. Aus diesen Listen habe ich meine Erkenntnis zu kalkverträglichen/kalkliebenden ... wie auch immer... Pflanzen gezogen.

Beste Grüße

Flor

Hardy_whv
28.11.2008, 20:00
... Gattungen, nicht zwangsläufig alle Arten: Acharagma, Lophophora, Leuchtenbergia, Pediocactus, Toumeya, Cumarinia, Obregonia, Pelecyphora, Turbinicactus, Thelocactus, Echinofossulocactus (kann mich nicht an Stenocactus gewöhnen...), einige Opuntien ein ...

Hallo Julian,

danke für die Antwort.

Die Gattungen Lophophora, Leuchtenbergia und Turbinicarpus sind in der Liste enthalten, ganz vorne, nicht alphabetisch, so dass Du sie vermutlich übersehen hast.

Im Vorwort zur Liste wird auch die Frage aufgeworfen, inwiefern die Kakteen nur Kalk tolerieren oder ob sie ggf. sogar von Kalk im Substrat profitieren. Wenn ich den Autor richtig verstehe, meint er, dass die aufgeführten Arten/Gattungen nicht nur Kalk tolerieren, sondern sogar im positiven Sinn von Kalk profitieren.

Wenn es nur um Kalktoleranz geht, stimme ich Dir zu, dass eine solche Liste überflüssig ist. Wenn es jedoch so wäre, dass die Pflanzen von einem kalkhaltigen Substrat profitieren, so wäre die Liste sicher sehr hilfreich, wenn es darum geht, die Haltungsbedingungen für die Pflanzen der eigenen Sammlung zu optimieren.

Ich hab halt noch nicht soviel Kakteen, dass ich aktiv Vergleichsreihen mit Kalk / ohne Kalk hätte machen können.


Gruß,

Hardy 8-)

Hardy_whv
28.11.2008, 20:14
... bei Steven Brack (Mesagarden) http://www.mesagarden.com/ findet man Hinweise zu kalkholden Kakteen/Sukkulenten.
Diese sind mit der Kennziffer "13" gekennzeichnet.

Hi Flor,

danke, interessante Listen. Leider finde ich keine Angabe, was die unterschiedlichen Kennziffern bedeuten. Hast Du eine Übersicht, was sich hinter den anderen Kennziffern verbirgt?

Gruß,

Hardy 8-)

Lupus
28.11.2008, 20:19
Hallo nochmal,

ich bin zwar nicht Flor, aber wenn du auf der Anfangsseite nach unten scrollst, werden die Zahlen erklärt ("guide to germination-cultivation tips").

Gruß,
Julian

Flor
28.11.2008, 20:22
Hallo,

wenn du auf der Startseite von Mesagarden bist, scroll soweit, bis "Guide to germination-cultivation tips" erscheint. Dort sind die Zahlen beschrieben. Diese Zahlen findest du dann entsprechend in den Pflanzen- bzw. Samenlisten wieder. Ebenso sind dort die Temperaturansprüche bzw. Kältetoleranzen per Zahlen angegeben. Stöber etwas durch die Seite, du wirst das finden.

Nein, eine eigene Auflistung habe ich daraus nicht gemacht.

Gruß

Flor

Hardy_whv
28.11.2008, 20:27
Dank euch beiden ... ich war blind :-?


Gruß,

Hardy 8-)

Kaktusjo
28.11.2008, 21:07
Hallo zusammen,

ich bin der Ansicht, dass man mit Einstufungen von Kakteen hinsichtlich ihrer Kalktoleranz vorsichtig sein sollte. Es kommt ja auch auf die anderen Substratzutaten und somit auf den Gesamt- pH-Wert der Mischung an. Die werden ja nicht erwähnt oder? Das geht für mich so in die Richtung der minimal verträglichen Temperaturen, die ja auch von vielen Parametern, wie Luftfeuchte oder auch Tagestemperatur abhängen. Das ist immer sehr einseitig, nur eine Größe gesondert zu betrachten. Auf die Gesamtkombination kommt es an.
Zu Kalkexperimenten kann ich aber auch was sagen. Ich hab meinen Aztekien 10 oder sogar 20% Kalk und noch etwas Gips ins Substrat gemischt. Der Rest bestand aus Lehm und Bims. Es ist bei mir gut gegangen, die Pflanzen sind auch gut gewachsen. Dennoch werde ich zukünftig auf Kalk verzichten oder nur ganz geringe Konzentrationen nehmen, denn das Zeug backt stark zusammen. Ich denke auch, dass es nicht sooo entscheidend ist. Vielleicht such ich mir aber auch mal ein anderes, lockeres, alkalisch reagierendes Substrat.

Gruss Johannes

Hardy_whv
28.11.2008, 21:30
Hallo Johannes,



Dennoch werde ich zukünftig auf Kalk verzichten oder nur ganz geringe Konzentrationen nehmen, denn das Zeug backt stark zusammen. Ich denke auch, dass es nicht sooo entscheidend ist. Vielleicht such ich mir aber auch mal ein anderes, lockeres, alkalisch reagierendes Substrat.


ich hab mir gerade Travertin Grus (2-8 mm) bestellt und will das bei einigen erforderlichen Umtopfungen vor dem Frühjahr verwenden. Ich hoffe, das hat nicht die Eigenschaft, zu verklumpen.


Gruß,

Hardy 8-)

Travelbear
28.11.2008, 21:43
Hallo Leute,
Bei den sogenannten kalkliebenden Pflanzen geht es in erster Linie darum, daß die Pflanzen sich an einen Boden angepasst haben, der eine sehr starke Pufferwirkung aufweist. Kalk (also Calciumcarbonat) selber ist in Wasser (fast)unlöslich und damit für die Pflanze ersteimal nicht verwertbar oder gar schädlich. Allerdings hat Kalk eine Eigenschaft, die in von anderen Mineralien ganz deutlich unterscheidet: er ist in der Lage mit freien Protonen im Wasser zu reagieren um dann in mehr oder wengier wasserlösliche Calciumsalze überzugehen. Dabei können diese Protonen unterschiedlicher Herkunft sein. Einerseits durch Regen (Wasser löst ja Kohlendioxid, das dann weiter Kohlensäure bildet, alsauch durch Salpetersäure, die sich bei jedem Gewitter durch Gasentladungsreaktion von Stickstoff und Sauerstoff in Gegenwart von Wasser entsteht), durch Wurzelausscheidungen (seien es organische Säuren oder Mineralsäuren) oder durch Grundwasser das durch Kapilarwirkung an die Oberfläche gelangt.
Da die Säurekonzentrationen allerdings immer sehr gering sind, stehen niemals so große Mengen and löslichen Calciumsalzen zur Verfügung, daß es zu einer Versalzung des Bodens duch Calciumsverbindungen kommen könnte (zumal Calcium sehr viele schwerlösliche Salze bildet). Bei den sogenannten halophilen Pflanzen geht es fast ausschließlich um die Toleranz und Überlebenskunst bei hohen Kochsalzkonzentrationen, die bei nichtangepassten Pflanzen zu einem Osmosekollaps führen würden.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß Pflanzen die auf kalkreichen Böden wachsen eine erhöhte Ausscheidung von Säuren über in ihren Wurzeln haben, um an das lebenswichtige Calcium zu gelangen.
Werden derartige Pflanzen nun in einem normalem mineralisches Substrat kultiviert, das keinerlei Pufferwirkung aufweist, reichern sich diese Säuren im Boden ständig an und erreichen irgendwann eine Konzentration, die die Pflanze nicht mehr verkraften kann. Die Pflanze geht sozusagen durch sich selbst zu Grunde. Um eine "Vergiftung" zu verhindern, ist hier also der Kalk essentiell. Selbst dann, wenn man die Pflanze durch andere Calciumverbindungen wie Gips oder Kalksalpeter ausreichend mit Calcium versorgt.

Noch ein kleiner Exkurs in die Erdgeschichte Nordamerikas. Während des Jura und der Kreide ware große Teile des Kontinents mit flachen Meeren, in welchen eine reiche Rifffauna lebte, überzogen. Riffe werden ja aus Kalk aufgebaut. Durch die Anhebung des Kontinents über Jahrmillionen trockneten diese Meere aus und hinterließen jene Kalkgebirge, die dann mit der Zeit verwitterten und die kalkreichen Böden bildeten (Verbreitungsgebiete von Escobaria, Echinomastus, Sclerocactus, Pediocactus uva).
Trocknen größere Binnenmeer langsam aus, so kommt es zu einem allmählichen Auskristallisieren aller gelösten Salze. Schwerlösliche Salze kristallisieren zuerst aus die leichtlöslichen zuletzt. Daher bildet bei der Verlandung eines Meeres Calciumcarbonat (Kalk) die unterste Schicht, gefolgt von Calciumsulfat (Gips), dann Kochsalz und schließlich Kalium- und Magnesiumsalze.
Im Verbreitungsgebiet von Aztekium ritteri, Aztekium hintonii und Geohintonia mexicana und vielen Ariocarpen sind gerade die letzen beiden Schichten (also die Kalkschicht und die Gipsschicht) aufgeschlossen. Da maritimer Gips immer in Gesellschaft mit Kalk auftritt, ist es also nicht verwunderlich, daß diese Pflanzen stark pufferhaltige Böden bewohnen und sich auch daran angepasst haben.

Soweit mein kleiner Gedankengang zu den sogenannten kalkliebenden Kakteen.

Gruß Peter

@Kaktusjo
Johannes, da ja jetzt die Winterzeit anbricht, nimm doch einfach den Kalkgrus, der als Streumittel eingesetzt wird. Wenn Du dann die feinen Anteile in einem Sieb auswäschst und nur die stückigen Anteile verwendest, wird Dir nichts mehr zusammenbacken und das Substrat schön locker bleiben!

MarcoPe
28.11.2008, 23:07
Hi Peter,

das ist ja ein toller informativer Text! Habe ihn mir gleich kopiert und gespeichert. Danke!

Hier zur Übersicht alle Pflanzen, die in diesem Beitrag bisher aufgezählt wurden:
Acharagma, Ariocarpus, Aztekium ritteri, Aztekium hintonii, Cumarinia, Echinofossulocactus Echinomastus, Escobaria, Geohintonia mexicana, Lophophora, Leuchtenbergia, Obregonia, Pediocactus, Pelecyphora, Sclerocactus, Thelocactus, Toumeya, Turbinicarpus

Was meint ihr, sollte es wenig Gips sein und sind nicht Kalksteinchen als größerer Bestandteil besser?

Gruß Marco

Travelbear
28.11.2008, 23:55
Hallo Marco,

danke für die Blumen :D. Es war schon immer ein Hobby von mir alle möglichen Naturwissenschaften miteinander zu verbinden um größere Zusammenhänge zu erkennen zu können. Ich finde es einfach spannend wenn sich Botanik, Chemie, Meterologie, Geologie und Evolution miteinander zu einem klaren Bild verbinden lassen.
Zu Deiner Frage: Ich würde Gips in nur kleinen Mengen zusetzen und dann auch nicht in zu feiner Form. Das Mineral hat immerhin noch eine Löslichkeit von ca. 2 g/l und trägt in Pulverform nicht unerheblich zur Verkrustung und Verhärtung des Substrats bei. Da Kalk erstmal unlöslich ist, macht er überhaupt nicht. Erst wenn die Pflanzenwurzeln aktiv werden, wird er zum Düngerlieferant. Und auch hier würde ich Grus einsetzen und keine feines Pulver oder Sande, die ja bekanntlich unabhängig von der chemischen Beschaffenheit den Boden verdichten.

Gruß Peter

Und wenn ich mir so die Liste anschaue, welche Kakteen eher leicht basische Böden bevorzugen, dann stellt sich mir die Frage, wieso man in jedem Kakteenbuch lesen kann, daß Kakteen in einem leicht saures Substrat zu kultivieren sind. Da wird den Lesern und Interessierten schlichtweg eine undifferenzierte Falschinformation vorgesetzt!

In der Aufzählung ist Astrophytum untergegangen!;-)

Gruß Peter

MarcoPe
29.11.2008, 23:32
Hi Peter,

schön, dass wir von deinen Hobbys hier profitieren können!

Ich denke, dass es berechtigt ist, allgemein zu sagen, "Kakteen bevorzugen es eher sauer". Das trifft ja auf die meisten so zu. Wer sich dann tiefer in die Kakteenwelt begibt, kann das Substrat an die Arten anpassen. Ohne Verallgemeinerung wird das für die meistern zu kompliziert.

Marco

Reviger
30.11.2008, 04:08
Hallo zusammen,

@Peter

Super erklärt, danke für diese Info!
Mir Fallen hier mal noch ganz spontan Echinocereus & Mammillaria ein, wobei sich die Kalkverträglichkeit bzw. die Notwendigkeit dessen im Substrat sich hier nur auf wenige Arten dieser Gattungen bezieht. Auch kann ich hierzu nichts schriftlich darlegen, in wie weit sich die Kalkhaltigheit in Prozenten gesehen für die Einzelnen Arten ermessen lässt z.B.:(
Vielleicht tauchen diese auch auf keiner Liste auf, weil es nur so wenige Arten aus diesen Gattungen sind!
Diese entzieht sich dann Allerdings meiner Kenntnis, da ich mich gerade hiermit sogut wie nie beschäfftige, da ich alle "Bekannten Arten bzw. Gattungen" schon dem entsprechend pflege ;).

Gruss Reviger