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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Frage zum Gießen bzw. überwintern



Anonymous
02.10.2003, 16:20
Hallo,
ich hab mal eine Frage:
es heißt ja man soll die meisten Kakteen und andere Sukkulenten im Sommer relativ viel gießen und dann im Winter nicht so viel, also fast trocken überwintern, damit sie eine Ruhepause einlegen und ihre Blüten für das nächste Jahr vor bereiten.
Klingt soweit ja alles logisch aber wer schon einmal Urlaub am Mittelmeer gemacht hat sieht, dass dort Agaven und Opuntien in voller Pracht wachsen und blühen, wo doch dort im Sommer bekanntlich längere Trockenperieoden von einigen Monaten herrschen und es dort erst in den Übergangszeiten und im Winter regnet. Und auch wenn man sich die Klimadiagramme von Arizona und Mittelamerika also an dem ursprünglichen Fundort vieler Kakteen und Sukkulenten ansieht sieht man, dass es dort auch genau andersherum ist, also wenig Regen im Sommer und viel bzw. mehr Regen im Winter, wo man die Kakteen doch trocken halten sollte.

Woher kommt dieser Wiederspruch und wie soll man sie jetz gießen und überwintern? :roll:
Diese Frage beschäftigt mich doch schon seit längeren, und ich hoffe dass hier jemand eine Antwort auf die Frage hat, wo ich mir doch jetzt 2 Feigenkakteen gekauft habe.^^

Danke im voraus für die Antworten

MfG Flocesco

Anonymous
03.10.2003, 07:45
Zum ersten : Kakteen sind natürlich weder im Mittelmeerraum noch in Australien heimisch, d.h. sie fanden dort einfach nur Lebensbedingungen, die ihnen zuträglich waren. Also z.B. auch im WInter höherer Temperaturen und vor allem reichlich Licht ! Empfindlichere Kakteen gehen übrigens auch im Mittelmeerraum ein und nach kalten, regennassen Wintern bleibt viel Kompost über ( wie ich schon häufiger in Botanicactus auf Mallorca beobachten konnte ).
Zum zweiten ist es so, dass Kakteen - wie andere Pflanzen auch - nur in einem gewissen Temperaturbereich assimilieren können. Dieser Temperaturbereich ist aber von Art zu Art verschieden. Als grobe Regel kann man sagen, dass unter 15 Grad nichts läuft und oberhalb 25-30 auch nicht. Wässern bringt da nichts - außer vielleicht Fäulnis. Bei Kakteen müssen die Temperaturen nachts in diesem Bereich liegen, denn dann setzt der besondere Stoffwechsel bei Kakteen ein.
Zum dritten können Kakteen extreme Zeiten besser durchstehen als andere Pflanzen, deshalb siedeln sie auch noch dort, wo andere Pflanzen längst aufgeben. Sie würden auch woanders wachsen, werden da aber von der Umgebungsflora überwuchert, können sich also nicht behaupten.

Zum vierten und jetzt geht es um die Kernfrage : wie bei allen Pflanzen müssen auch bei Kakteen alle lebensnotwendigen Bedingungen in einem Gleichgewicht vorliegen : Wasser, Luft, Licht, Temperatur, Dünger.
Bei uns im Winter fehlt das Licht praktisch völlig ( für Kakteen-"Augen" herrscht hier tiefste Nacht ), deshalb sollten auch die anderen Bedingungen im Minimum liegen: kühl, trocken, nicht düngen, Luftbewegung ist wegen der sonst in geschlossenen Räumen schnell auftretenden Fäulnis wichtig. Gleichzeitig reifen in der Ruhephase ( die übrigens auch bei hohen Temperaturen auftritt - s.o. ) die Blütenanlagen. Die Bestäubung soll ja in einer Zeit stattfinden, in der Insekten fliegen und der gebildete Samen gute Keimbedingungen vorfindet. Und das ist in der Regel mit Einsetzen einer wärmeren Feuchtperiode der Fall.

In der Summe gesehen sind das alles Überlebensstrategien der Kakteen.

Rüdiger

Anonymous
03.10.2003, 19:12
naja ich meine dass es im Winter auch nicht ganz regenarm in mittelamerika ist vor allem nicht in Gebirgsregionen.

Also könnten Kakteen auch bei wasserreichen wintern blüten bilden, oder?

Euclid
04.10.2003, 13:13
Das Verbreitungsgebiet ist gross, es reicht in etwa von der Südspitze Chiles bis in den Süden Kanadas. Damit ist eine ausgesproche Vielfalt der klimatischen Bedingungen gegeben.

Hier war nun von "empfindlicheren Kakteen" die Rede. Das sind Kakteen die in sogenannte "ariden" Regionen beheimatet sind. Dort kommt das Wasser meist von unten, d.h. die Verdunstungsmenge ist erheblich grösser als die Niederschlagsmengen. Die Andenregion gehört eben nicht zu diesen ausgesprochen Trockenzonen. Daher finden sich dort auch entsprechend angepasste Pflanzen dort.

Die Bereitschaft Knospen bzw. Blüten zu bilden, hängt einerseits von den Ruheperioden (Dauer)ab. Diese können durch Trockenheit und Hitze aber auch durch Kälte und Trockenheit ausgelöst bzw. bestimmt werden. Andererseits kann hier auch der Wechsel von Tag und Nacht (Schlagwort: Kurztag) eine Rolle spielen. Sicher ist auch das Wasserangebot für die "Entscheidung" sich vegegetativ (Ausläuferbilldung etc.) oder geschlechtlich (Bildung von Blüten und Samen) zu vermehren.

Sicher kann es auch etwas niederschlagsreicher sein - die Verhältnisse sind daher immer noch nicht mit denen in Mitteleuropa vergleichbar. Das ist alles eine Frage der Anpassung an die klimatischen bzw. geophysikalischen Verhältnisse. Nebenbei bemerkt finde ich den Begriff "Rhythmus" in diesem Zusammenhang angebrachter, da er den zeitlichen Aspekt besser zur Geltung bringt.

Dornige Grüsse

Euclid

Paddler
04.10.2003, 13:52
Hallo,

die Überwinterung ist teilweise Erfahrungssache und welche Bedingungen ich den Kakteen selber bieten kann. Ich selbst stelle sie hell und lasse sie bei 10 -- 13 Grad überwintern. Von Ende Oktober bis Anfang März wird nicht bei mir gegossen. Selbst wenn sie etwas schrumpfen nicht. Sehe ich, dass ein Exemplar zu stark zusammenfällt, dann wird einzeln nachgenebelt. Wichtig ist dabei zu kontrollieren, dass kein Spinnmilbenbefall auftritt, sonst ist die Sammlung schnell hin. Weiterhin topfe ich die Pflanzen aller zwo Jahre, zur Kontrolle ob Wurzelläuse vorkommen, um. Im Sommer stehen sie draußen auf dem Balkon, Wind und Regen ausgesetzt. Nur wenige Exemplare, die empfindlich sind, werden geschützt gestellt.

Gruß Klaus

Euclid
04.10.2003, 19:41
dass hier jemand eine Antwort auf die Frage hat, wo ich mir doch jetzt 2 Feigenkakteen gekauft habe.

Sind etwa frostharte Opuntien gemeint? Damit kommen der Trockheit und der Kälte eine besondere Bedeutung zu.

Wasser wird den Zellen entzogen und wandert in den Raum ausserhalb der Zellen, damit wird verhindert, dass sich Eis in den Zellen bildet, wenn Frost einsetzt. Die Anpassungsfähigkeit an Kälte ist im wesentlichen davon bestimmt, inwieweit die Entwässerung der Zellen vertragen wird - bei manchen Hölzern gehts bis mindestens -197 °C. Das ist natürlich artspezifisch und ist nicht von jeder Opuntie zu erwarten.

Grüsse

Euclid

Anonymous
05.10.2003, 13:21
Also ziehen die Kakteen in ariden Gebieten wie Texas sich das Wasser tief aus dem Boden?

Aber was machen dann die Kakteen und Sukkulenten jetzt einmal Konkret Opuntien oder eben andere dort wild wachsende Kakteen&Co in Gebieten wie dem Mittelmeerraum oder anderen Gebieten ( wo sie ursrünglich herkommen) wo es im Winter zwar die Temp. hat die sie brauchen aber nicht völlig trocken ist bzw. feuchter als im sommer? Dort kühlt es erstmal auf die Wintertem ab also 5-12°. Aber sie stehen dann immer noch nicht trocken da es dort ja mehr regnet.

Euclid
06.10.2003, 21:26
Also ziehen die Kakteen in ariden Gebieten wie Texas sich das Wasser tief aus dem Boden?...

Nun ja :-) das Wasser kommt dort sicher von unten und der grösste Teil (und die darin gelösten Mineralien) wird sicher durch die Wurzeln aufgenommen. Dass es das tut kann man recht gut sehen, wenns bei der nächtlichen Abkühlung kondensiert. Die Planzen haben ja recht effektive und weit verzweigte Wurzelsysteme um jede Spur von Feuchtigkeit aufzunehmen. Soweit mich erinnere hat Buxbaum an einer Art nachgewiesen, dass der Spitzeneffekt der Dornen Kondensation bewirkt und so auch zur Wasserversorgung beiträgt.

Die Antwort ist also - die Pflanzen ziehen es nicht tief aus dem Boden, nein es kommt einfach.

Was einen, der sich mit "empfindlicheren" Arten beschäftigt, immer wieder erstaunt ist, dass die Opuntien im Mittelmeerebiet nicht einfach verrotten wenns so kalt und feucht ist. ´Nein sie sind kein Unkraut, sie sind eben angepasst. Eine Ruheperiode machen sie unter diesen Bedingungen sicher auch durch.

Grüsse

Euclid

Anonymous
07.10.2003, 20:20
"Mittelmeerebiet nicht einfach verrotten wenns so kalt und feucht ist"

Das es im Winter feucht ist sei unbestritten aber die durschnitts Temperatur dort im Winter ist 5-15 grad also erscheint sie mir doch optimal...

Was würde passieren wenn man bei uns eine Opuntia bzw. Agave so züchten würde???

Würde sie aufgrund der minimaleren Lichtintensität eingehen, oder?

Euclid
07.10.2003, 22:29
Nun einen Fehler, der häufig bei der Pflege von Kakteen gemacht wird ist eben, dass man ihnen in der dunklen Jahreszeit die Vegetationsruhe, die ja auch die "heimische" Pflanzenwelt hält, nicht gönnt. Zu warm, zu wenig Licht und gleichzeitiges Giessen führen zu einem ungesunden Wachstum.

Da freut sich mancher Unbedarfte, wenn da so ein schöner langer hellgrüner Trieb aus dem "Ohrenkaktus" schiesst. Die Freude hat ein Ende, wenn sich dieser Trieb dunkel verfärbt und zu faulen beginnt.

Wie im vorangegangenen Beitrag von Rüdiger ausführlich erläutert, gibt es Bedingungen bei denen das Wachstum eingestellt wird.
Es ist durchaus für das Überleben des Individuums und der Art sinnvoll die Energiereserven für die Bildung von Knospen einzusetzen, statt sie für vegetatives Wachstum zu verschwenden. In der Ruhe liegt die Kraft ;-).

Pilze, die eben nicht auf das Sonnenlicht angewiesen sind, können bei verhältnismässig niedrigen Temperaturen wachsen - ein Blick in einen unordentlichen Kühlschrank beweist das - und stellen eine Bedrohung für unsere Schützlinge dar - Mahlzeit :-).

Wie bekannt sein dürfte gibt es bei uns im Winter Frost. Auch die heimische Vegetation muss sich darauf einstellen, wie bereits erläutert wurde. Ein Baum, der nach der Akklimatisierung im Herbst ohne weiteres Temperaturen unter -40 °C erträgt, kann durch Spätfröste im Frühjahr von -3 °C schwerste Schäden davontragen.

Es gibt frostharte Opuntien, die im Mittelmeerraum heimisch gewordenen sind es nicht.

Grüsse

Euclid