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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wirklich beinahe ein und dasselbe ???



Andreas75
09.06.2006, 00:50
Hallo!

Ich habe mir die Tage einen Notocactus warasii gekauft, bin von der Schönheit der Pflanze nur begeistert, und habe gerade im Hinterkopf gehabt, das der magnificus ja als var. zu warasii eingeordnet wurde...

Nun begibt es sich, das ich einen etwa gleichgroßen magnificus besitze, und habe die beiden mal vergleichend neben einander gesteltt, wie auf diesem Foto zu sehen...

http://img317.imageshack.us/img317/2632/hpim01264az.jpg (http://imageshack.us)

Und da beschleichen mich dann so gewisse Zweifel...
Eine var. unterscheidet sich doch von der Art im allgemeinen nur durch ein verändertes Merkmal, wie etwa Behaarungsdichte, Dornenlänge/-form, Blütenfarbe etc. ...
Wenn ich mir aber die beiden so ankucke, fallen mir gleich viele Merkmale auf, die sich unterscheiden... Unter anderem Dornenlänge und -anordnung, Höhe und Form der Rippen, Farbe der Epidermis...
In meinen Augen sind das zwei Arten, und das eine keine var. der anderen!

Was meint denn ihr dazu?

Interessierte Grüße, Andreas

BerndF
09.06.2006, 01:25
Hallo Andreas,

ein wichtiges Kriterium für taxonomische Einordnungen ist das Prinzip der Konstanz. Und das kann man bei nur zwei Individuen nicht entscheiden, sondern man braucht viele Individuen.

Stellt sich heraus, dass sich bei - sagen wir mal: 100 Individuen - zwischen beiden Formen jede Menge Zwischenformen finden lassen, ist eine taxonomische Unterscheidung nicht sinnvoll.

Lassen sich aber 30 der einen und 68 der andern Form zuschlagen, dann ist eine taxonomische Unterscheidung sinnvoll. ... Warum ich nur 98% angebe? ... Was wäre ein Leben ohne Zweifel :-)

Anhand von zwei Individuen im Gesamthabitus sehr ähnlicher Kakteen darüber zu sinnieren, ob man es hier eventuell gar mit Arten zu tun hätte ist verständlich, aus Sicht des Taxonomen oder gar Systematikers nicht sinnvoll.

Viele Grüße

Bernd

Andreas75
09.06.2006, 12:52
Hallo Bernd!

Da hast Du zweifelsohne Recht, stimmt...

Jedoch habe ich außer meinen beiden abgebildeten sowohl noch nen riesigen alten magnificus, als auch schon in meinen nun 17 Jahren Kakteenfreak- Seins sehr oft warasii oder magnificus gesehen, bislang ohne großartige Übergänge...

So sah ich beispielsweise nie Pflanzen, die etwa in der Bereifung intermediär wären oder in der Rippenhöhe oder -form. Auch die Areolenform und Bedornung unterschieden sich immer!

Ich bezweifle nicht, das beide sehr nahe verwandt sind, kleine Jungpflanzen ähneln sich schon stärker, dennoch sind Bedornung und Areolen jeweils typsich... Ich bin ja nun schon 31, seit allerneuestem, und kann sagen, ich bin, was meine Urteilsfällung angeht, etwas gereift. Fällte ich früher spontan Bauchentscheidungen, so tue ich dies heute nicht minder, denke aber dann auch etwas darüber nach, bevor ich etwas in den Raum stelle, und mich vielleicht zum Clown mache :wink: ...

Meine langjährigen Beobachtungen deuten mir denn doch an, daß das da oben zwei unterschiedliche Paar Schuhe sind.

Grüße, Andreas

Echinopsis spez.
09.06.2006, 13:35
Hallo zusammen.

Das wäre doch mal eine prima Frage für den Nomanklatur-Thread gewesen. :wink:

Ich beobachte und pflege die stachligen Gesellen nun auch schon 24 Jahre.
In dieser langen Zeit sind mir ebenfalls schon viele E. magnificus über den Weg gelaufen.
E. warasii waren es paar weniger.
Dabei habe ich die selben Beobachtungen gemacht, wie Andreas ..
Keine Übergänge zwischen den beiden Arten.
Entsprechend halte ich es ebenfalls für zwei Arten.

Gruss
Thomas

BerndF
09.06.2006, 13:43
Moin Andreas,


so tue ich dies heute nicht minder, denke aber dann auch etwas darüber nach, bevor ich etwas in den Raum stelle, und mich vielleicht zum Clown mache

grundsätzlich finde ich die Überlegungen weder abwegig, noch seltsam oder irgendwie komisch. Sie entstehen aus einer Liebhaberei und haben ihre Berechtigung.

Ein wissenschschaftlich geschulter Systematiker geht in taxonomsichen Entscheidungen nach einem bestimmten Muster vor (oder sollte es jedenfalls sinnvollerweise):

Er stellt eine Merkmalsmatrix auf. Stellt also alle Merkmale, die er finden kann (morphologische, ökologische, verbreitungsbiologische, genetische, biochemische) zusammen. Das ist eine eher buchhalterische und lästige Arbeit. Verhilft aber dazu, konsequent zusammenzustellen, worum es geht.

In einem zweiten Schritt werden alle diese Merkmale bewertet. Sind sie konstant oder streuen sie? Wenn sie streuen, kann man dann ein bestimmtes Muster finden und ggf. beschreiben? Wie sehen die Merkmale an mutmaßlich verwandten Taxa aus und wie verhalten sie sich da? Was taugt zur Abgrenzung, was nicht? Warum taugt es etwas? Dazu muß man also etwas tiefer in die theoretischen Grundlagen einsteigen und sich in Anatomie, Biologie sowie Entwicklungsgeschichte einarbeiten. Das ist schon spannender.

Ist man über die Wertigkeit der einzelnen Merkmale klar, weiß wie sie streuen, auch unter unterschiedlichen Bedingugen im Freiland und in Kultur, dann ist die Unterscheidung nicht nur von Individuen, sondern von Gruppen von Individuen, Populationen genannt, weil sie genetisch miteinander zusammenhängen, nur noch eine Formsache.

Problematisch wird die Geschichte immer, wenn ich nicht beurteilen kann, wie die Individuen, die ich betrachte, genetisch zusammenhängen. Das ist z.B. meist der Fall, wenn ich nur Sammlungsmaterial betrachte. Es ist sehr viel einfacher und in aller Regel schlüssiger zu arbeiten, wenn man mit Material arbeiten kann, wo die Herkunft (nicht aus welcher Sammlung, sondern wo in der Natur) bekannt ist. Hier kann ich zunächst mal davon ausgehen, dass Material von einer Herkunft auch genetisch dem selben Pool angehört. Das erleichtert die Geschichte deutlich, macht aber auch die Forderung deutlich, dass taxonomische Entscheidungen ohne Feldarbeit nur die Hälfte wert sind.

Genanalysen und andere "Laborwerte" sind hier in der Amateurwissenschaft noch nicht verbreitet, werden aber schon in den nächsten ein, zwei Jahren sicher kommen. Für Insekten, wo die taxonomisch/systematische Arbeit auch vielfach von Amateuren gemacht wird, bieten spezielle Labors seit einiger Zeit schon entsprechende Untersuchungen zur durchaus erschwinglichen Preisen an. D.h. hier stehen auch dem ambitionierten Laien interessante Wege offen.

Ich schreibe das hier mal so kleinkariert auf um deutlich zu machen, dass taxonomisch-systematische Entscheidungen oft eben nicht aus dem Gefühl heraus gemacht werden (sollen). Die ganze Kleinkriegerei so mancher Kaktusmenschen in taxonomisch/systematischen Dingen kommt daher, weil eben viel aus dem Bauch heraus operiert worden ist und noch immer wird.

Würde sorgfältig und nachvollzierbar nach einem Muster wie beschrieben (das ist die vereinfachte und gekürzte Fassung!) gearbeitet und diese Arbeit auch entsprechend veröffentlicht, dann wären taxonomische Entscheidungen deutlicher und nachvollziehbar.

Viele Grüße

Bernd

Andreas75
09.06.2006, 14:04
Hallo Bernd!

Danke für diese kleinkarierte Aufzählung!
Ich bin an Systematik sehr interessiert, wie Du vielleicht schon manchmal gemerkt hast, leider aber kriegt man die Vorgehensweise der Beschreibung an sich nie mit!

Ich habe auch nichts gegen die Einbeziehung von Arten, nur habe ich da gewisse Bedenken wegen der Vermehrungen...
Was soll jemanden abhalten, zwei Pflanzen zu kreuzen, die vormals eigenständige Arten waren, die dann aber zu einer zusammengezogen wurden? Mit der Rechtfertigung, ist ja eine Art, darf ich ja...
Da gehen die ganzen Merkmale verloren, die sich durch evolutionäre Entwicklung im Laufe langer Jahrhunderte entwickelt haben, nur weil jemand meint, ach das passt schon, und zwei Arten (oder deren 20) in eine zusammenfasst, ohne indes zumindest für jede einbezogene Art var.s oder ssp.s aufzustellen, was das ganze auch weiterhin erkennbar differenziert...

Da kenne ich ein gutes Beispiel aus anderer Richtung...
Ich pflege ja auch Vogelspinnen, und da gibt es aus Tansania/ Kenia eine Art, die in mehreren farblichen, geographisch getrennten Farbvarianten vorkommt. Bislang waren diese Varianten als Art jeweils eigenständig, da an der Farbe und dem Lebensraum eindeutig zu erkennen!
Nun aber wurden alle Varianten unter der Art vereinigt (Pterinochilus murinus, um genau zu sein...), was wilden Verpaarungen und damit der Hybridisation der Formen Tür und Tor öffnet, eben mit der Begründung, sie sind ja eine Art...
Leider haben Arachnologen nicht die Traute, das Ding beim Namen zu nennen, und var.s oder ssp.s aufzustellen, lieber ist alles eine Art...
Ich habe entgegen gehalten, die Farbformen zu verpaaren, und damit undefinierbaren Mischmasch zu produzieren, denn das ist in meinen Augen bereits Hybridisation, da wurde mit dem Argument gekommen, ist ja eine Art, sind also keine Hybriden... Und kreuzte drauflos...

Und eben diese gewisse Beklommenheit überkommt mich auch bei den Kakteen, und dem Artenzusammengefüge, wobei es hier wenigstens noch var.s werden, ob so ganz berechtig, lasse ich mal oft dahingestellt sein...

Grüße, Andreas

BerndF
10.06.2006, 00:45
Moin Andreas,


Ich habe auch nichts gegen die Einbeziehung von Arten, nur habe ich da gewisse Bedenken wegen der Vermehrungen...

die teile ich.


Was soll jemanden abhalten, zwei Pflanzen zu kreuzen, die vormals eigenständige Arten waren, die dann aber zu einer zusammengezogen wurden? Mit der Rechtfertigung, ist ja eine Art, darf ich ja...

Dann würde ich mal sagen, dass derjenige, der da wild zusammenkreuzt, ein paar Dinge nicht begriffen hat.

Ich will gezielte Hybridzucht nicht in Frage stellen, mit Fuchsien und Epiphyllum - Hybriden habe ich davon selber genug. Da geht es darum besonders schöne Blüten und dekorative Pflanzen zu erzeugen. Das ist ein Wert für sich und hat wenig mit dem zu tun, was ein anderer Sammler tut, der etwa die Taxa einer bestimmten Gattung / Gruppe sammelt.

Wenn ich mich entscheide etwa Rebutien zu sammeln, dann interessiert mich in erster Linie der Formenreichtum dieser Gruppe. Ich sammle Pflanzen mit "Feldnummern" und versuche die möglichst rein weiter zu vermehren. Hier geht es letztlich darum, sich mit der (natürlichen) genetischen Vielfalt zu beschäftigen. Hier passt es nicht, wild rumzukreuzen, sondern hier geht es um die ursprünliche Identität der Pflanzen und es kommen in bestimmten Gruppen wohl auch Gedanken zum Artenschutz bzw. zum Artenerhalt dazu.

Hybridzucht und das Sammeln von Naturformen sind letztlich gleichwertige Zweige des Hobbies. Nur was nicht gut passt ist das Vermischen dieser beiden Formen. Das führt zu schlechten Hybriden und zum Verschwinden der 'reinen' Arten.

Was ich selber nicht so recht in den Kopf kriege ist die Tatsache, dass vor allem Sammler so unglaublich am Stauts "Art" hängen. Einem Systematiker sollte es schlicht piepsegal sein in welchem Rang ein Taxon steht. Die Kategorisierung muß nur in sich und in einer Gruppe stimmig sein. Die Systematik hat zur Aufgabe die Dinge zu sortieren und ihrer Stammesgeschichte entsprechend in ein "System" zu bekommen.

Vom Standpunkt des Artenschützers oder des Ökologen (und das ist die Sicht, die ich auch dem Sammler empfehle) ist es entscheidend in Populationen zu denken, unabhängig von irgendwelchen Namen. Denn nur wenn man das Genmaterial der unterschiedlichen Populationen erhält, erhält man auch die genetische Bandbreite einer "Art". Wie bei deinen Spinnen würde man sonst Einheitspflanzen oder Tiere bekommen.

Das ist genau das, was man bei vielen (Nutz-) Pflanzen oder Tieren in Menschenobhut kennt und was viele Gefahren durch Vereinheitlichung des Genpools beinhaltet (Anfälligkeit für Krankheiten etc.). So kennt man z.B. den Zoolöwen, einen Mix von vielen Typen, den es in freier Wildbahn so nicht gibt bzw. gegeben hat.

Also, wenn man in Populationen denkt und sich an der Einzigartigkeit der Anpassungen erfreuen will, die hinter dem Aussehen des einzelnen Individuums stehen, dann geht es nicht anderes, dann muß man sich vom wie auch immer begründeten Artbegriff lösen. Der kann nur eine Vorstellung davon geben, wo meine Pfleglinge hin gehören. Die Einzigartigkeit in meinem Kaktus ist entstanden an dem Standort seiner Eltern. Damit ist der Kaktus verbunden. Nicht mit dem theoretischen Konstrukt des Namens.

Viele Grüße

Bernd

Marc
10.06.2006, 01:52
Moin!


Da kenne ich ein gutes Beispiel aus anderer Richtung...
Ich pflege ja auch Vogelspinnen, und da gibt es aus Tansania/ Kenia eine Art, die in mehreren farblichen, geographisch getrennten Farbvarianten vorkommt. Bislang waren diese Varianten als Art jeweils eigenständig, da an der Farbe und dem Lebensraum eindeutig zu erkennen!
Woher weißt Du denn, dass sich die Lebensräume nicht überschneiden? (Also die Frage ist sehr ernst gemeint, irgendwie konnt sie ja noch keiner beantworten und auch bei Timo Raab auf der Seite steht nichts dazu, aber ich hab auch schon WF gesehen, die wieder das eine, noch das andere waren.)
Ist das genau wie mit den G. rosea, da kommen auch mehrere Farbformen nebeneinander vor?


Nun aber wurden alle Varianten unter der Art vereinigt (Pterinochilus murinus, um genau zu sein...), was wilden Verpaarungen und damit der Hybridisation der Formen Tür und Tor öffnet, eben mit der Begründung, sie sind ja eine Art...

Ja sind es den Varianten? Also die Farbgebung spielt bei der Beschreibung von Spinnen irgendwie eine sehr sehr untergeordnete Rolle. Bei Vogelspinnen sinds wohl eher Stridulationsorgane, Spermatheken, Embolen, Metatarsenbehaarung usw. was eine Rolle spielt. Übrigens ist Phil Mesenger gerade dabei, die afrikanischen spp. zu überarbeiten. Aber die P. murinus werden wohl immer so bleiben, Phil ordnete diese P. spec. "Mwadingsda" auch dazu ein. Ich würd das bei den murinüssen auch nicht so eng sehen, biestig sind sie alle samt ;O)


Leider haben Arachnologen nicht die Traute, das Ding beim Namen zu nennen, und var.s oder ssp.s aufzustellen, lieber ist alles eine Art...

Das hat mich zu Anfang auch verwundert, aber Martin Huber hat das zB mit der ziemlichen Konstanz der Arten begründet. Ok, der hat da totsicher mehr Ahnung als ich ;O)


Und eben diese gewisse Beklommenheit überkommt mich auch bei den Kakteen, und dem Artenzusammengefüge, wobei es hier wenigstens noch var.s werden, ob so ganz berechtig, lasse ich mal oft dahingestellt sein...

Leider gibts ja keinen festen Ansatzpunkt, was _genau_ eigentlich eine Art ist. Da gibts ja verschiedene Modelle mit teilweise fließenden Grenzen. Ebenso schwammig, was sind Variäteten, Unterarten? Soweit ich weiß, sind diese Definitionen genauso schwammig. Da wundert mich dieser Hick Hack gar nicht mehr, aber man muss ja irgendwie damit klar kommen.

Gruß, Marc.

Andreas75
10.06.2006, 14:20
Hallo!

@ Bernd: Ich danke Dir für diesen Post, Du triffst genau den Nerv! Eine Art ist zwar "eine Art" jedoch allein die Bandbreite der Populationen machen die Art letztendlich aus, und wie Du mit dem Löwen sehr gut erwähnt hast, das, was da im Zoo sitzt, ist zwar ein Löwe, aber was für einer?!?
Die einzige reine Löwenpopulation im Zoo ist die des asiatischen Löwen, alles andere hat oft einen guten Schuß Berberblut, wegen der prachtvollen Mähne dieser hoffentlich noch nicht ganz ausgestorbenen Unterart!

@ Marc: Hah, noch ein Spinnenkundiger (bist du auch bei arachnophilia unterwegs???), schön!

Zuerst: Ich habe auf der Märzbörse hier in Berlin zum ersten mal diese sp. " Mwambwa" gesehen, als Adulti und Spiderlinge, und sofort auf einen Blick geargwöhnt, daß sie da wohl ne neue murinus- Variante an Land gezogen haben ( Größe, Körperform, Zeichnung, nicht zuletzt das Aussehen der Spiderlinge...)...

Ich bin der Meinung, gehört zu haben, das die Farbformen der murinus in klar abgegrenzten Bereichen vorkommen, und Mischlinge nur in schmalen Zonen der Randgebiete der Populationen auftreten.
Dasselbe geschieht aber hier in Deutschland auch bei der Nebel- und der Rabenkrähe, die ich immer wieder gerne anführe, weil man nur über die Elbe fahren muß, um von dem Gebiet der Nominatform ins Gebiet der Unterart zu kommen...
Anstatt sich planlos zu vermischen, gibt es nur in seltenen Fällen Mischlinge, oder Mischpaare beider Formen, und niemand zweifelt am jeweils eigenen Status der beiden im Grunde ebenfalls nur Farbformen einer Art, was ich bei den murinus haargenau nicht anders sehe...
Und deshalb frage ich mich, warum hat denn Richard Gallon oder sonstwer nicht den Mumm, und stellt für die rote Form zum Beispiel Pterinochilus murinus ssp. mammillatus auf, wobei ich selbst eine var. aufstellen würde, weil sich nur die Farbe unterscheidet...
Als ein und dasselbe und nicht differenzierbar dürften die Tiere nur gelten, wenn die Nachzuchten aufspalten, und immer wieder beide Farben plus Mischformen rasukommen...

Indieweil könnte sich bei meiner murinus- Nachzucht interessantes zeigen, einige Spiderlinge nämlich sehen recht bläßlich grau aus, im Vergleich zu ihren intensiv gefärbten Geschwistern.
Die Eltern sind rote Wildfänge (die Mutter habe ich geerbt, den Vater zu Paarungszwecken bekommen...)!
Hier bin ich gespannt, wie und ob die sich weiter differenzieren, und falls es verschiedene Farben werden, sehe ich zu, diese jeweils rein zu verpaaren, um deren Nachzuchten zu checken...

Nun ja, was die Grammostola rosea angeht, so gibt es drei deutlich getrennte Hauptpopulationen, jeweils in Chile, Bolivien und Argentinien...
Die braune Variante wurde nun unlängst als Grammostola porteri beschrieben...
Also kann es so nicht sein, das alle drei Varianten (rot, grau, braun) in derselben Population vorkommen, denn sonst dürfte die porteri aufgrund immer lustig aufspaltender NZ keinen Artstatus bekommen haben...
Freund HW mag zwar meinen, das wäre so, alle kommen zusammen vor, glaube ich aber nicht! Und davon hat Boris Striffler in seinem Buch auch nix gesagt, wenn ich mich recht erinnere...

Insgesamt finde ich, man sollte sich vom theoretischen doch mal trennen, und wie Bernd sehr schön sagte, in Populationen denken.
Fakt ist, es gibt verschiedene Populationen, die man rein weiter vermehren sollte, seien es Lithops mit ihren kennzeichnenden C- Nummern, Kakteen mit den Feldnummern, oder auch Harnischwelse mit ihren L- Nummern...
Sicher, sie gehören einer Art an, aber bei Verkreuzungen, vor allem mal eben welchen, weil man keine anderen Partner hat, geht die ganze schöne evolutionäre Anpassung an die jeweiligen Habitate in Windeseile vor die Hunde, und Rauskreuzen ist eine äußerst fummelige Angelegenheit, die weit länger dauert, als die ursprüngliche Verkreuzung, mit doch immer zweifelhaftem Ergebnis...
Mein guter Freund Sebastian Wirzberger hatte mal angedacht, auch für Vogelspinnen ein Nummernsystem einzuführen, um vor allem bei dem Kuddelmuddel bei Avicularia und anderen Vogelspinnen aufzuräumen...
Das funktioniert bei vielen anderen Lebewesen einwandfrei und läßt eine sichere Differenzierung zu, nur bei den Vogelspinnen wurde es tot geredet...

Eine klare und übersichtliche Aufteilung wie bei den Kakteen würde ich mir bei Vogelspinnen wünschen, und sehr viele Probleme und Unklarheiten wären vom Tisch!

Grüße, Andreas

Marc
11.06.2006, 02:13
Hoi!


@ Marc: Hah, noch ein Spinnenkundiger (bist du auch bei arachnophilia unterwegs???), schön!


Naja, ich lese eher mit und ärger mich über den Ton dort, arachnoboard.com ist mir lieber, da gibts zwar viele Spinner, aber immerhin ist der Ton der freundlich und dort lesen eine Menge Leute mit, die Ahnung haben (Phil Messenger, Volker vW., Boris, Steve Nunn, Sören Raffn und und und)

Naja zurück zum Thema, ich für meinen Teil halte auch nicht viel von Hybriden, egal ob Spinne oder Kaktus. Allerdings weiß ich noch nicht genau, wo Hybride anfängt. Die P. murinus Farbformen würd ich aber so oder so nicht kreuzen wollen, schon allein, weil es meist nur die roten gibt. Denke, so geht es einigen, das sie so oder so schon die speziellen Formen unter sich belassen um die jeweiligen Eigenheiten hervorzuheben. Das steigert ja auch den Marktwert.

Nacht, Marc!

Martin H.
28.11.2006, 20:35
Hallo Andreas,



Nun ja, was die Grammostola rosea angeht, so gibt es drei deutlich getrennte Hauptpopulationen, jeweils in Chile, Bolivien und Argentinien...
Die braune Variante wurde nun unlängst als Grammostola porteri beschrieben...
unlängst? Grammostola porteri wurde bereits 1936 von MELLO-LEITÃO anhand eines Männchens als Lasiodora porteri beschrieben. SCHIAPELLI & GERSCHMAN haben sie 1979 dann in die Gattung Grammostola verschoben.

Quellen: MELLO-LEITÃO, C. F. de. (1936). Etude sur les arachnides de Papudo et Constitucion (Chili), recueillis par le prof. Dr Carlos E. Porter. Revta chilena Hist. nat. 40: 112-129.
SCHIAPELLI , R. D. & B. S. GERSCHMAN DE P. Las arañas de la subfamilia Theraphosinae (Araneae, Theraphosidae). Revta Mus. argent. Cienc. nat. Bernardino Ravadavia (Ent.) 5: 287-300.
viele Grüße,
Martin