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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kakteen pfropfen ... warum?



Kaktus67
17.02.2012, 14:49
Hallo,
ich kultiviere hauptsächlich die "anderen Sukkulenten", kenne mich mit Kakteen nicht wirklich aus. Lese trotzdem viele Themen interessiert mit und bin gerade wieder über eine Frage zum Pfropfen gestolpert.
Mir stellt sich dann immer die gleiche Frage! Warum macht man das?
Ich will keinem zu nahe treten, die Geschmäcker sind schließlich verschieden, aber ich würde mir sowas nicht hinstellen. Es sieht, in meinen Augen, irgendwie unnatürlich aus. Sind die Kakteen die man pfropft einfach nur schwer für sich in Substrat zu pflanzen oder gibt es Arten, die in der Natur, sozusagen als Schmarotzer, tatsächlich auf Wirtspflanzen leben?
Bei Wüstenrosen z.B. weis ich, daß man sie auf Oleander propft, da diese dann blühwilliger und leichter zu halten sind (aber der Caudex entwickelt sich nicht ... furchtbare Vorstellung), bei Obst macht man Stecklingspfropfung zur Veredelung - oder auch bei Rosen! Aber welchen Grund gibt es bei Kakteen? Ich finde die ganze Schönheit der Pflanze geht dabei verloren.
Nehmt es mir nicht übel, ist nur eine Meinung!

Gruß
Jürgen

tokai
17.02.2012, 15:31
Ich teile Deine Meinung.

Mal abgesehen von einigen Sorten die ohne Pfropfen nicht überleben können ist der Hauptgrund der für das Pfropfen spricht, dass man schneller blühfähige Pflanzen zur Samengewinnung erhält (bei langsam wachsenden, neuen oder sehr seltenen Arten) und dadurch u.U. zur Arterhaltung und -verbreitung in Kultur beitragen kann.

Der ornamentale Charakter der Pflanzen geht beim Pfropfen aus meiner Sicht komplett verloren, d.h. verstehe ich eigentlich auch nicht, dass so viele Sammler lieber Pfropfen als sich etwas in Geduld zu üben. Ich denke da liegt der Hauptknackpunkt für die meisten Hobby-Züchter: die fehlende Geduld.


Mir kommen jedenfalls auch keine gepfropften Pflanzen in's Haus. :)

Kaktus67
17.02.2012, 15:44
Gut, schnellere Saamengewinnung, das würde für mich zumindest noch Sinn ergeben.
Der Punkt mit der Gedult ist interessant. Da ja vielfach, und ja auch mit Recht, auf die gemästeten und zum Wachstum gepuschten Pflanzen in Gartencentern und Baumärkten geschimpft wird. Ist ja dann letztlich der gleiche Hintergedanke ... schnell große Pflanzen!

Gruß
Jürgen

rudir1962
17.02.2012, 15:47
Hallo -

Annsichtssache !!!

Ich habe einiges an gepfropften - Aber nur variegate - Also Kanidaten die allein nicht überleben würden !!

Was ist daran so falsch ??

Viel wird gepfropft um schneller an resultate zu kommen .- Ob es nun Blüten sind oder blühfähige Pflanzen !!

Auch kann man so einige Pflanzen retten - Notpfropfung schimpft sich das - Wenn ein kaktus krank wird kann man einzelne stücke pfropfen und erhält so mit glück neue Kindel des gepfropften und der Kaktus ist gerettet !

Man sagt auch das ein gepfropfter Kaktus bis zu 5 mal schneller wächst als Wurzelecht - Aber bei manchen geht so auch der natürliche wuchs verloren -

Aber man bedenke - Ob Ich 5 Jahre auf ein Ergebniss warte oder ein Jahr - Das ist schon ein Unterschied - Immerhin ist unsere Zeit begrenzt !!!!

Viele Kakteen würde es warscheinlich ohne Pfropfen garnicht geben !

Ich bin dafür -

Grüße Rudi -

Kaktus67
17.02.2012, 15:56
Hallo Rudi,
daran ist natürlich überhaupt nichts falsch. Das war ja auch nicht als Vorwurf gemeint. Mich haben ja nur die Gründe interessiert, warum man eben pfropft.
Und jeder hat eben so seine Vorlieben!
Gruß
Jürgen

BennX
17.02.2012, 16:00
Ich persönlich finde Pfropfen nicht schön.
Es gibt allerdings Sorten die ohne Pfropfung halt nicht leben können. Wie bereits oben genannt.

Ein zweiter Grund warum einige Arten gepfropft werden ist, dass sie extrem langsam in jungen Jahren wachsen. Beispiel hierfür wäre wohl eine Luethyi. Sie wächst wenn sie noch klein ist so langsam das viele sie für eine gewisse Zeit auf einer Unterlage haben und anschließend bewurzeln wenn sie größer sind da dann auch die überlebenchancen höhre sind bei der überwinterung und ähnliches. Zumal diese auf einem Wirt, so weit ich das richtig weiß, deutlich schneller wachsen.

Oft wird auch von Leuten die stark vermehren über Kindel gepfropft. Da die unterlagen oft sehr stark "treiben". Sprich man Pfropft z.b. eine Sulcorebutia heliosoides. Köpft diese und schon treibt sie dank der Pfropfunterlage enorm aus, anstatt wie normal mit nur 1-2 Köpfen.

Für mich allerdings besteht kein Grund zu Pfropfen bei den Pflanzen die ich besitze. Sie wachsen alle Problemlos auch ohne einen Wirt.

Liebe Grüße
Benjamin

Mike
17.02.2012, 16:06
Wichtig ist in meinen Augen das man nicht nur die Kontras sieht , also auch die Pro´s beachtet. Getunte Autos sind auch nicht "schön" , erfüllen aber dem Liebhaber den Zweck ;)
Mein Pro ist : schnelleres Wachstum , bessere Blütenbildung , sicheres Wachstum (Sämlingspfropfung) ,

Kontra : Pfropfungen die nicht "sauber" gemacht sind :D

Papamatzi
17.02.2012, 18:34
Gepfropfte Kakteen sind NICHT schön.

.

Trotzdem gibt es Gründe zu Pfropfen:

1: Sämlingspfropfung - schneller ausgewachsene Pflanzen, Blütenbeurteilung möglich

2: Vermehrungspfropfung - zur vegetativen Vermehrung, z.B. über Areolenpfropfung, Anregung zur Sprossbildung

3: Erhaltungspfropfung - zur Haltung von Pflanzen, die auf eigenen Wurzeln bei uns nicht überleben (z.B. Navajoas, Variegate)

4: Notpfropfung - Rettung von erkrankten (wertvollen) Pflanzen

(Es mag weitere Gründe geben.)

.

Die meisten Pfropfungen sind eher ein temporäres Mittel zum Zweck.
Für eine Sammlung sind wurzelechte Pflanzen natürlich immer schöner!

Echinopsis spez.
17.02.2012, 19:05
3: Erhaltungspfropfung - zur Haltung von Pflanzen, die auf eigenen Wurzeln bei uns nicht überleben (z.B. Navajoas, Variegate)
Also, Navajoas und andere empfindliche Arten können bei uns auch ohne Pfropfung überleben.
Es bedarf nur einige Erfahrung, etwas Fingerspitzengefühl und die richtigen Haltungbedingungen. ;)

Papamatzi
17.02.2012, 19:44
Also, Navajoas und andere empfindliche Arten können bei uns auch ohne Pfropfung überleben.
Es bedarf nur einige Erfahrung, etwas Fingerspitzengefühl und die richtigen Haltungbedingungen. ;)Das stelle ich gar nicht in Abrede. :)
Für überdachte Draußenüberwinterungen (hier bei uns) empfiehlt aber selbst F. Hochstätter auf WE-Haltung zu verzichten. Ein Rat aus erster Hand... ;) ;)

Echinopsis spez.
17.02.2012, 20:24
Das stelle ich gar nicht in Abrede. :)
Für überdachte Draußenüberwinterungen (hier bei uns) empfiehlt aber selbst F. Hochstätter auf WE-Haltung zu verzichten. Ein Rat aus erster Hand... ;) ;)
Ja, aber muss man sie unbedingt draußen überwintern?
Geht es nicht auch in einem trockenen Raum innen, frostsicher muss er ja nicht sein.

Alex H.
17.02.2012, 20:48
Hallo miteinander,

auch der Umstand daß die eine oder andere Art in Kultur sehr heikel ist wäre für mich kein Grund eine Pflanze zu pfropfen oder gepfropft zu erwerben. Wenn eine Pflanze extrem heikel ist nehme ich entweder von deren Haltung Abstand, oder ich nehme die Herausforderung an und versuche die Pflanze möglichst ihren Ansprüchen entsprechend zu kultivieren - mit dem Wissen daß das auch schief gehen kann.

Wenn 's aber zum Beispiel darum geht möglichst schnell eine blühfähige Pflanze zu erhalten um den aus dem Saatgut hervorgehenden Nachwuchs dann wurzelecht zu pflegen ;-), oder um über die Blütenbeschaffenheit bei speziellen Züchtungen Kenntnis zu erhalten, kann ich das Pfropfen zumindest nachvollziehen.

Es kommt - denke ich - auch darauf an, ob man bei unserem Hobby schwerpunktmäßig die botanische oder die gärtnerische Seite betreibt.
Mein Interesse an Sukkulenten ist rein botanisch. Ich habe keine gepfropften Pflanzen, kaum Kultivare oder Hybriden, schon gar nicht die neuerdings so modernen Chimären, Verstrahlten usw...
Für meine Sammlung sind mir die Pflanzen so am liebsten, wie sie am Standort vorkommen, soweit das bei uns überhaupt möglich ist.

Allerdings kann das natürlich jeder/jede halten wie er/sie will. Ich bin ja nicht das Maß aller Dinge, tu ich mir ja schon beim Rüchschneiden meiner mittlerweile recht groß gewordenen Mestoklema schwer, und lass' sie stattdessen wuchern wie sie will ...

Grüße
Alex

Kaktus67
17.02.2012, 21:51
Alles klar, danke für eure Antworten. Die Gründe für's pfropfen haben also durchaus ihre Berechtigung.
Ich selbst betreibe mein Hobby allerdings eher wie Alex es beschreibt. So "natürlich" wie es eben nur gerade geht.

Aber ich wollte hier auch keinen "Glaubenskrieg" anstoßen. War reines Interesse! ;)

Gruß
Jürgen

Mike
17.02.2012, 21:56
Glaubenskrieg wäre auch quatsch , es geht immer um Sinn oder Unsinn von einer Handlung . Und beim Pfropfen überwiegt ( bei mir zumindest ) der Sinn dabei . Schneller, Sicherer und mitunter auch "Schöner" was die Bedornung ,Blühwilligkeit usw. angeht ...

Aber Wurzelecht ist doch trotzdem Wunderschön !

lophario
17.02.2012, 22:42
Abend!


Sind die Kakteen die man pfropft einfach nur schwer für sich in Substrat zu pflanzen oder gibt es Arten, die in der Natur, sozusagen als Schmarotzer, tatsächlich auf Wirtspflanzen leben?

Also gepfropfte Kakteen sind keine Schmarotzer und die Unterlage kein "Wirt", das Veredeln wurde vom Menschen entdeckt und kommt so nicht in der Natur vor.
Pfropfungen müssen nicht zwangsläufig unnatürlich aussehen, ich werfe hier mal den Begriff "Hypokotypfropfung" in den Raum :D
Wird der Pfröpfling nicht zu stark getrieben muss sich nicht auch unbedingt das Habitus stark verändern (ist allerdings nicht bei allen Kakteen so, manche wie z.B. Blossfeldia werden dann zu extrem sproßenden Klumpen).
Die Vorteile wie schnelles Wachstum und daurch schnelle Generationsfolge und schnelle vegetative Vermehrung wurden ja schon genannt. Das es für variegate überlebenswichtig ist und das heikle Arten damit unproblematischer kultiviert werden können auch.
Ich propfe auch aus finanziellen Gründen, Samen kosten nur einen Bruchteil einer größeren Pflanze und durch das Pfropfen und anschließende Bewurzeln oder Umpfropfen auf eine Dauerunterlage komme ich schnell und günstig in den Besitz schöner Pflanzen. Einen Teil meiner Aussaaten lasse ich auch wurzelecht wachsen, aber 10 Jahre auf eine Ariocarpusblüte zu warten dauert mir dann doch ein klein bißchen zu lange :D
Grüße

Papamatzi
17.02.2012, 23:16
Ja, aber muss man sie unbedingt draußen überwintern?
Geht es nicht auch in einem trockenen Raum innen, frostsicher muss er ja nicht sein.Nein, muss man nicht. Bei einer frostharten Pflanze bietet sich das aber förmlich an. Mit besagtem Nachteil.


Für meine Sammlung sind mir die Pflanzen so am liebsten, wie sie am Standort vorkommen, soweit das bei uns überhaupt möglich ist.Genau.
Ich bin ja alles andere, als ein Experte, vermute aber sehr, dass eine Kakteenpflanze draußen "natürlicher", standortähnlicher wächst. Bei frostgewöhnten Arten gilt das bestimmt auch für den Winter. Nach Alex' Auffassung würden dann Navajoas EIGENTLICH für eine Kultivierung hier in Dtl. ausscheiden. Denn wirklich standortgerecht kann man (laut F.H.) wurzelechte Navajoas bei uns nicht halten.


Aber, bevor hier ein falscher Eindruck entsteht! Ich bin wirklich kein Verfechter des Pfropfens!! Alex' Ansatz ist mir dagegen sehr symphatisch. Und gepfropfte Pflanzen finde ich wie die Meisten eher häßlich. Allerdings sehe ich die Vorteile, insb. der temporären Pfropfung, und bin nicht abgeneigt sie zu nutzen. Einen "Glaubenskrieg" werde ich deswegen nicht führen. :D :D