Hardy_whv
18.04.2011, 13:54
So, bin von wohlbehalten von meinem kurzen USA-Kakteen-Urlaub zurück. Zeit für einen kurzen Reisebericht.
Meine Idee war, die im Süden der USA gelegenen National- und State-Parks mit Kakteen-Bezug zu besuchen. Mir war klar, dass bei der Kürze der Reise (nur 12 volle Tage vor Ort), für jeden einzelnen Park viel zu wenig Zeit zur Verfügung stehen würde. Ich wollte zunächst einmal einen Eindruck über die einzelnen Regionen gewinnen und mir ggf. in einer späteren Reise einzelnen Regionen mehr Zeit widmen.
Eine strategische Entscheidung der Reiseplanung ist auch, ob man der Natur möglichst nah kommen will - dann muss man entweder campen oder mit einem Reisemobil unterwegs sein (was aber einige unbefestigte Routen ausschließt) oder auf einen gewissen Komfort nicht verzichten will, also in Hotels übernachtet. Ich hatte mich für die komfortable Variante entschieden. Die Hotels sind oft weit vom Eingang der Nationalparks entfernt, so dass zudem weite Strecken zurückzulegen sind. Da ich zu Sonnenaufgang vor Ort sein wollte, klingelte der Wecker oft um 04:00 Uhr. Das Frühstück bestand daher meist aus einer Banane und einem Instant-Kaffee. Kein einziges Frühstück habe ich im Hotel eingenommen.
Meine Reise startete in Houston, Texas. Von dort gings Richtung Kalifornien. Auf dem Wege dorthin habe ich folgende Parks "abgeklappert": Big Bend, Carlsbad Caverns, Guadalupe Mountains, Mount Davis, Saguaro, Organ Pipe, Joshua Tree und Anza Borrego. Insgesamt habe ich dabei mit dem Auto (SUV mit Allradantrieb) 5.700 km zurückgelegt.
Big Bend National Park und Umgebung
Für den im Süden von Texas gelegenen Nationalpark "Big Bend" und Umgebung hatte ich knapp zweieinhalb Tage Zeit. Mein Hotel hatte ich in Alpine genommen. Die Gegend um den Big Bend ist so verlassen, dass es dichter kaum etwas gibt, was man Hotel nennen könnte. Am West-Eingang des Nationalparks gibt es eine winzige Ortschaft mit zwei, drei auf Biker ausgerichtete Motels, die mir aber nicht sonderlich einladend aussahen. So musste ich jedesmal knapp 150km Anreise in Kauf nehmen - für amerikanische Verhältnisse ein Katzensrpung. Glücklicherweise war Sonnengang hier erst kurz nach 08:00 Uhr, so dass ich erst um 05:30 Uhr austehen musste, um jeweils rechtzeitig vor Ort zu sein.
Der erste Nachmittag reichte für eine erste Erkundung: Vom West-Eingang zum Nord-Eingang einmal durch den Park. Der Eintritt, der für jeden Nationalpark fällig wird, ist in der Regel für sieben Tage gültig. Bei meinem ersten Halt stieß ich zu meiner großen Freude sofort auf einen Echinocatus horizonthalonius. Mein übliches Motto "Wo einer ist, sind auch zwei" versagte hier jedoch. Allerdings fand ich später an einer anderen Stelle noch ein zweites Exemplar der Art.
Ich hatte im April viele Pflanzen in Blüte erwartet. Der erste Eindruck war aber ein ganz anderer. Viele Pflanzen schienen zu darben. Von Texas nach Kalifornien fahrend, erlebt man drei recht unterschiedliche Klimazonen. In Texas ist der Winter die trockene Jahreszeit, die regen-reichsten Monate sind Juni bis August. In Arizona sind zwar auch Juli und August die Regen-Monate, aber sowohl im Winter wie Frühjahr fällt regelmäßig Regen. Nur das Frühjahr - April bis Juni - sind ausgesprochen trocken. Das Bild kehrt sich in Kalifornien dann um: Hier fällt die überwiegende Regenmenge im Winter, während die restlichen Monate sehr trocken sind. Dementsprechend sehen die Pflanzen in den einzelnen Parks sehr unterschiedlich aus. Ein und dieselbe Art sieht in einem Park abgemagert und leidend aus, im anderen ist sie prall und wohlgenährt und in voller Blüte.
Ich hatte bei der Reisevorbereitung für alle zu erwartenden Kakteen-Arten ihre Blütezeit notiert, musst im Big Bend allerdings feststellen, dass kaum etwas blühte, auch die Arten, deren Blütezeit nominal begonnen hatte.
Die faszinierende Landschaft musste den Mangel als blühenden Kakteen also ausgleichen:
http://www.hardyhuebener.de/kakteen/2011-04-17_usa-reisebericht01
Der zweite Tag war kompett dem Big Bend gewidmet. Es sollte ein sehr heißer Tag werden. Die durchschnttlichen Tageshöchsttemperaturen für die Jahreszeit liegen bei ca. 28°C, aber aber am Nachmittag zeigte das Thermometer 107°F, gut 41°C. An diesem Tag sahen nicht nur die Pflanzen, sondern auch ich leidend aus. Witzigerweise stieg am kommenden Tag trotz ebenfalls wolkenlosen Himmels des Thermomenter nicht über 25°C. Unterschiedlich warme Luftmassen sind für diese extremen Schwankungen wohl verantwortlich.
Höhepunkt des Tages war der Fund einer Stelle mit zahlreichen Echinocactus horizonthalonius: Eine Stelle mit schieferartigem Gestein, überzogen mit einer dicken weißen staubartigen Sandschicht. Alles war mit dieser weißen Schicht überzogen. Den Echinokakteen schien es zu gefallen.
http://www.hardyhuebener.de/kakteen/2011-04-17_usa-reisebericht02
Jeder besuchte Park dieser Reise steht bei mir unter dem Eindruck eines bestimmenden Kaktus. Das ist nicht unbedingt die dort am häufigsten vorkommende Art, sondern die, die mich am meisten begeistert oder beeindruckt hat. Im Big Bend ist es eindeutig der Echinocactus horizonthalonius.
Wenn man auf der Suche nach Kakten durch das Gestrüpp streift, lässt sich der Kontakt mit Ästen und Zweigen nicht verhindern. Eine lange Hose ist von Vorteil, ein paar Kratzer lassen sich dennoch kaum vermeiden. Probelmatisch ist, dass Cylindropuntia leptocaulis, die hier häufig vorkommt, sich perfekt als "normales Gestrüpp" tarnt, denn die Menge der beim Kontakt freigesetzten Glochiden lässt einen nicht unbeeindruckt. In meinem Photorucksack war daher auch stets eine Pinzette für Erste-Hilfe-Maßnahmen mit dabei.
Was habe ich an Kakteen noch alles im Big Bend gesichtet? Coryphantha macromeris, eine noch näher zu bestimmende Escobaria-Art, zahlreiche Echinocereen, Opuntien und Cylindropuntien (u.a. C. leptocaulis und vermutlich die bodendeckende Form von C. whipplei).
Am nächsten Tag fuhr ich von Presidio auf der 170 gen. Osten, also am Rio Grande (der bei Trockenheit alles aldere als „grande“ ist) südlich des Big Bend Ranch State Parks entlang bis zum Big Bend. Nicht viel Neues zum vorhergehenden Tag ... größere Vorkommen von Coryphantha macromeris, zwei Exemplare von Ferocactus hamathacanthus, den ich im Big Bend gar nicht gesehen hatte. Insgesamt waren die Pflanzen hier etwas wohlgenährter als im Big Bend.
Sehr frustrierend war übrigens, dass in Texas jeder noch so unwirtliche Quadratzentimeter Land eingezäunt ist. „Private Property“. Ich habe alleine in Texas etwa 2.000 Autokilometer zurückgelegt, aber nich einen Meter entlang der Straßen entdeckt, die nicht einezäunt gewesen wären. Einfach mal ins Grüne und ein paar Meter spazieren gehen – UNMÖGLICH :-(
Mount Davis State Park
Diesen Park hatte ich gar nicht eingeplant. Ich wollte auf dem Weg von Carlsbad nach Tucson das Chihuhuan Desert Research Institute besuchen. Auf der Suche nach diesem Institut in der Nähe von Fort Davis, ca. 50km nördlich von Carlsbad, sah ich zufällig den Hinweise zum State Park, den ich kurzentschlossen besuchte. Es ist ein recht kleiner Park, dessen Schwerpunkt anscheinend darin liegt, Reisemobilen einen Stellplatz im Grünen zu bieten. Es sind sowieso erstaunlich viele Reisemobile hier unterwegs. Allerdings nicht so kleine Reisemobilchen, wie bei uns in Deutschland, sondern eher kleine Häuser auf Rädern. Im Schnitt ist ein Reisemobil hier wohl doppelt so groß, wie ich sie aus Deutschland kenne. Und oft ziehen sie noch ein Auto oder ein Boot hinter sich her.
Lange Rede, kurzer Sinn: Als ich die Landschaft sah, dachte ich sofort an Echinocereus viridiflorus. Die Grasflächen an den Hängen der Hügel schienen mir für die Art prädestiniert. Und nach 30 Minuten intensivster Suche im Grasland, fand ich auch glatt den ersten Echinocereus. Mein Motto lautet: Wo einer ist, sind auch zwei. Und so fand ich in der folgenden Stunde auch glatt fünf Exemplare der Art, alle gut im Gras versteckt. Die meisten hatten zwar schon die ersten Knopsen gebildet, aber blühten noch nicht. Nur einer war den anderen etwas voraus:
http://www.hardyhuebener.de/kakteen/2011-04-17_usa-reisebericht03
Ich tippe auf Echinocereeus viridiflorus ssp. chloranthus, muss da aber nochmal genau nachforschen.
Daneben gibts im Park natürlich auch Opuntien und Cylindropuntien. Die gibts aber wirklich überall und da sie mich nicht weiter begeistern, werde ich sie im folgenden einfach nicht mehr erwähnen.
Das wars dann auch schon, was es über den Mt. Davis State Park zu berichten gibt. Anschließend ging es auf die Reise nach Carlsbad, wobei man zugleich von der Central Daylight Saving Time zur Mountain Dailight Saving Time wechselt.
Carlsbad Caverns und Guadalupe Mountains National Parks
Mit den Carlsbad Caverns stand am nächsten Tag zunächst ein Kakteen-freier Programmpunkt auf dem Plan. Die Carlsbad Caverns sind riesige Höhlen, die zu den größten Höhlen der Welt gehören und zum UNESCO-Weltnaturerbe ernannt wurden. Eigentlich wollte ich mich auf die Vegetation über den Höhlen konzentrieren, aber ein Arbeitskollege, der den Park kannte, hatte mich glatt für verrückt erklärt, als ich das andeutete. Sah mich also veranlasst, doch einen Blick unter die Erdoberfläche zu werfen. Und: Es hat sich gelohnt. Für die Eiligen gibt es den sofortigen Abstieg ins Zentrum des Höhlensystems mit dem Fahrstuhl. Wer aber die ganze Tour macht und zu Fuß hinabsteigt, der sollte dafür, inklusive Innehalten und Staunen, 2 1/2 bis 3 Stunden einplanen.
Die Höhlen sind auch das Sommerquartier für Fledermäuse, die hier ihre Jungen zur Welt bringen, den Winter aber in Mexiko verbringen. Das abendliche Ausliegen von Hunderttausenden von Fledermäusen verdunkelt den Abendhimmel. Diese Ereignis wird von den Park-Rangern gekonnt als Show präsentiert. Im Schnitt werden ca. 400.000 Fledermäuse gezählt (es wird mittels Infrarotaufnahmen und Computeranalyse die Anzahl regelmäßig gezählt; in Spitzenzeiten wurden bis zu einer Millionen Tiere festgestellt). Leider waren erst wenige Tiere aus den Winterquartieren nach Carlsbad gekommen. Man ging davon aus, dass die Show ab Mitte Mai durchgeführt wird.
Die Fledermäuse sind mit dafür verantwortlich, dass die Höhlen gefunden wurden. Der Mist, den die Fledermäuse produzieren - er erreicht derzeit wohl eine Höhe von bis zu 12 Metern - fand lange Zeit als Dünger Verwendung und wurde daher abgebaut. Ein Cowboy erforschte die Höhlen weiter, man schenkte seinen Berichten aber zunächst keinen Glauben. 1923 wurde dann durch das Innenministerium eine offizielle Sichtung beschlossen und in Folge die Höhlen zum National Monument ernannt und später zum National Park „befördert“. Der genaue Umfang ist auch heute noch nicht abschließend erforscht. Es finden immer wieder neue Expeditionen statt, die weitere Bereiche der Höhlen erkunden.
Der für den Besucher zugängliche Teil ist aber schon mehr als ausreichend. Die Wege sind alle asphaltiert, teils sogar für Rollstuhlfahrer zugänglich. Alles ist zurückhaltend und zugleich effektvoll beleuchtet. Die Temperatur in der Höhle ist mehr mehr oder weniger konstant 13°C, die Mitnahme einer leichten Jacke wird empfohlen, mir wurde aber auch mit kurzem Hemd nicht kalt und die Jacke kam nicht zum Einsatz.
http://www.hardyhuebener.de/kakteen/2011-04-17_usa-reisebericht04
Bliebe noch zu erwähnen, dass im Park natürlich auch Kakteen vorkommen, insbesondere ein paar hübsche, blühende Echinocereen, die Opuntien und Cylindropunten wollte ich ja nicht mehr erwähnen ...
Anschließend stattete ich dem Guadalupe Mountains National Park noch einen kurzen Besuch ab. Die meisten Parks in den USA sind voll für das Auto erschlossen. Der Standard-Besucher fährt mit dem Auto hindurch, macht das ein oder andere Photo aus dem geöffneten Autofenster und steigt vielleicht zum Lesen der einige Info-Tafeln auch schonmal aus. (Das ist natürlich stark vereinfacht. Es gibt auch viele wandernde oder Mountain-bikende Amerikaner. Der durchschnittliche Besucher legt aber vermutlich nicht viel mehr als 100m zu Fuß zurück). Die Guadalupe Mountains sind aber, anders als die meisten anderen Parks in den USA, nur in geringem Maß für das Auto erschlossen. Wenn man vom Park was sehen will, muss man sich schon zu Fuß aufmachen. Ich bat im Besucherzentrum um Tipps, wo's interessante Kakteen zu sähen gebe. Zunächst wollte man mir blühende "Strawberry Cacti", als Echinocereen andienen. Nachdem ich nicht sonderlich enthusiastisch wirkte, kramte ein Ranger ein Bestimmungsbuch hervor, zeigte auf die Passage mit Neolloydia intertexta (heute Echinomastus intertextus) und berichtete von einer kleinen Kolonie dieser Art. Ich war sofort Feuer und Flamme und lies mir den Weg zur Fundstelle beschreiben.
Ich war zwei Stunden suchend unterwegs. Dabei waren auch zwei Wegabschnitte, die mir gar nicht behagten: Ein schmaler Pfad mit losem Schiefergestein, leicht abwärts geneigt, daneben ein Abhang 50 Meter in die Tiefe, auf dem es im Falle eines Falles kein Halten geben würde. Dabei blies ein sehr kräftiger Wind. Ich hätte mir wirklich einen Draht oder Tau zum Festhalten gewünscht ...
Ich war kurz vor dem Aufgeben, als ich endlich die erste Pflanze entdeckte. Und getreu dem Motto "Wo einer ist, sind auch zwei" fand ich mich bald inmitten einer kleinen Kolonie wieder. Echinomastus intertextus blüht im Zeitraum Februar bis April, aber leider waren hier bereits alle Pflanzen verblüht.
Es ist schon erstaunlich, welches Glücksgefühl einen übermannt, wenn man eine gesuchte Pflanze gefunden hat ;-) Der Rückweg dauerte dann, einschließlich noch einiger Photos, nur noch eine Stunde.
Der Vollständigkeit habe sei noch erwähnt, dass noch diverse blühende Echinocereus triglochidiatus und eine weitere Echinocereus-Art, die ich noch nicht sicher bestimmen konnte, zu sehen waren.
Saguaro National Park und Arizona Sonoran Desert Museum
Von Carlsbad gings weiter nach Tucson, Arizona - nochmal die Uhr eine Stunde zurückstellen. Kurz vor Tucson waren aus dem Auto heraus große Feros zu erkennen. Die musste ich unbedingt aus der Nähe sehen. Also nächste Ausfahrt raus ... aber wieder dieses Zaun-Problem: Es gab keinen Zugang zu den Kakteen. Wieder auf die Interstate, nächste Ausfahrt - selbes Problem. Bei der übernächsten Ausfahrt hatte ich Glück: Eine große Fläche nicht eingezäunt, nicht als "private property" gekennzeichnet, kein Haus, kein Hof weit und breit. Yippee! Und überall große, wohlgenährte Ferocactus wislizeni.
http://www.hardyhuebener.de/kakteen/2011-04-17_usa-reisebericht05
Die größte Pflanze über 2 Meter hoch. Wirkliche Jungpflanzen gab es nicht. Die kleinste Pflanze war etwa 10 cm hoch, hatte dabei aber schon einen Durchmesser von ca. 30cm.
Was gabs dort noch zu sehen? Einen cristaten Ferocactus wislizeni sowie einige kurz vor der Blüte stehende Echinocereen.
Am folgenden Tag stand der Saguaro National Park auf dem Programm. 06:15 Sonnenaufgang, 04:30 klingelt der Wecker (gähn). Saguaro (Carnegiea gigantea) spricht sich übrigens Sa-Wah-Ro, mit Betonung auf der mittleren Silbe. Der Park besteht aus einem West- und einem Ost-Teil. Wenn man mit dem West-Teil beginnt, kann man im Anschluss das Arizona Sonoran Desert Museum besuchen und dann die Tour mit dem Ost-Teil des Parks abschließen.
Die Saguaros sind in in Arizona gar nicht selten, kommen auch außerhalb der Nationalparks häufig vor. Sogar in der Stadt findet man einige, hier beispielsweise vor einem bekannten Feinschmecker-Restaurant:
http://www.hardyhuebener.de/kakteen/2011-04-17_usa-reisebericht06
Die meisten Saguaros haben eine Höhe von schätzungsweise 3 bis 6 Metern, aber auch kleinere Exemplare sind zahlreich vorhanden, viele um die 30cm. Ich hab, trotz intensivser Suche jedoch keine Pflanze kleiner als 10cm gefunden. Man erkennt an den Jungpflanzen, dass sie fast ausschließlich in direkter Nähe eines Gestrüpps, oder auch mittendrin oder am Fuße eines anderen Kaktus wachsen. Ohne diesen Schutz vor Gefressen- oder Zertrampelt-Werden und ggf. dem Schutz gegen die pralle Sonne, scheint kein Kaktus groß zu werden (diese Schutz bietenden Pflanzen nennt man "nursing plant"; manchmal nimmt auch ein Felsbrocken diese Schutzfunktion wahr). Um Sämlinge zu finden, muss man also dort suchen. Aber trotz dieser Erkenntnis gelang es mir nicht, Mini-Saguaros zu finden.
Der Höhenrekord für einen Saguaro liegt wohl bei 18 Metern. Es fällt mir schwer, die Höhe der größten Exemplare zu schätzen, die ich gesehen hab. Ich vermute, 8 bis 10 Meter.
Die Hauptblütezeit der Saguaros liegt im Mai, wobei sie vereinzelt auch später, sogar bis in den Winter hinein blühen können. Dementsprechend hatten die meisten noch keine Knospen angesetzt, aber ca. 5% der Pflanzen zeigten schon die ersten Knospen. Und eine Handvoll Pflanzen hatten (mir zuliebe?) schon die ersten Blüten angesetzt.
http://www.hardyhuebener.de/kakteen/2011-04-17_usa-reisebericht07
Was gab es sonst noch zu sehen? Ein paar kristate Saguaro-Exemplare, viele Mammillaria grahamii (Blütezeit üblicherweise April bis in den September, aber ich habe leider nur eine einzige Pflanze in Blüte gesehen), natürlich wieder viele Ferocactus wislizeni (größtes Exemplar 2 Meter hoch; blühen erst im Spätsommer/Herbst) und blühende Echinocereen (vermutlich E. engelmannii).
Liebend gerne hätte ich ein paar Schlangen, Schildkröten oder Skorpione in freier Wildbahn gesehen. Leider ist es gar nicht so leicht, diese zu sichten. Die meisten meiden die Hitze, sind nachtaktiv, oder benötigen andererseits mehr Wärme (die Tageshöchsttemperaturen auf dieser Reise variierten zwischen 4°C und 41°C!). Die einzige Schlange, die mir vor die Kamera kam, war im Arizona Sonoran Desert Museum daheim. Witzigerweise, befand sich die Schlage aber nicht IN einem der Terrarien, sondern auf dem Weg DAVOR.
http://www.hardyhuebener.de/kakteen/2011-04-17_usa-reisebericht08
Dazu muss man erklären, dass das "Museum" eine Kombination von Zoo und Freilichtmuseum ist, Wüste komprimiert dargestellt in der Wüste. Das Museum umfasst also auch den Lebensraum der Schlange. Ob die Schlange nun aus einem der Terrarien ausgebüchst war, oder aus der Wüste mal einen Ausflug in den Zoo unternehmen wollte, wurde nicht deutlich. Die "Ranger" bemühten sich später, das Tier einzufangen. Opfer gab es keine zu beklagen.
Einen Besuch im Arizona Sonoran Desert Museum kann ich in jedem Fall empfehlen (es sei denn, man will keinen Schlangen begegnen, aber dann darf man auch nicht in die Nationalparks). Es wird viel gezeigt, viel erklärt. Neben Kakteen und anderer Wüstenvegetation werden auch tierische Wüstenbewohner gezeigt, auch Kakteen, die nicht in Arizona beheimatet sind. Lieder sind nicht alle Exemplare sauber mit Namensschild versehen. Dennoch lohnenswert. Und nachdem einem die Wüste erklärt wurde, kann man im Souveniershop dann Kühlschrankmagneten mit integrierten, lebenden Kakteen oder andere dornige Absonderheiten erstehen. Der aufrichtige Versuch, das Ökosystem Wüste zu erklären endet spätestens im Museums-Shop ...
Der Ost-Teil des Saguaro National Parks war dann nur noch der Vollständigkeit halber Programmpunkt und hat keine neuen Erkenntnisse oder Aha-Erlebnisse gebracht.
...
[Fortsetzung folgt]
Meine Idee war, die im Süden der USA gelegenen National- und State-Parks mit Kakteen-Bezug zu besuchen. Mir war klar, dass bei der Kürze der Reise (nur 12 volle Tage vor Ort), für jeden einzelnen Park viel zu wenig Zeit zur Verfügung stehen würde. Ich wollte zunächst einmal einen Eindruck über die einzelnen Regionen gewinnen und mir ggf. in einer späteren Reise einzelnen Regionen mehr Zeit widmen.
Eine strategische Entscheidung der Reiseplanung ist auch, ob man der Natur möglichst nah kommen will - dann muss man entweder campen oder mit einem Reisemobil unterwegs sein (was aber einige unbefestigte Routen ausschließt) oder auf einen gewissen Komfort nicht verzichten will, also in Hotels übernachtet. Ich hatte mich für die komfortable Variante entschieden. Die Hotels sind oft weit vom Eingang der Nationalparks entfernt, so dass zudem weite Strecken zurückzulegen sind. Da ich zu Sonnenaufgang vor Ort sein wollte, klingelte der Wecker oft um 04:00 Uhr. Das Frühstück bestand daher meist aus einer Banane und einem Instant-Kaffee. Kein einziges Frühstück habe ich im Hotel eingenommen.
Meine Reise startete in Houston, Texas. Von dort gings Richtung Kalifornien. Auf dem Wege dorthin habe ich folgende Parks "abgeklappert": Big Bend, Carlsbad Caverns, Guadalupe Mountains, Mount Davis, Saguaro, Organ Pipe, Joshua Tree und Anza Borrego. Insgesamt habe ich dabei mit dem Auto (SUV mit Allradantrieb) 5.700 km zurückgelegt.
Big Bend National Park und Umgebung
Für den im Süden von Texas gelegenen Nationalpark "Big Bend" und Umgebung hatte ich knapp zweieinhalb Tage Zeit. Mein Hotel hatte ich in Alpine genommen. Die Gegend um den Big Bend ist so verlassen, dass es dichter kaum etwas gibt, was man Hotel nennen könnte. Am West-Eingang des Nationalparks gibt es eine winzige Ortschaft mit zwei, drei auf Biker ausgerichtete Motels, die mir aber nicht sonderlich einladend aussahen. So musste ich jedesmal knapp 150km Anreise in Kauf nehmen - für amerikanische Verhältnisse ein Katzensrpung. Glücklicherweise war Sonnengang hier erst kurz nach 08:00 Uhr, so dass ich erst um 05:30 Uhr austehen musste, um jeweils rechtzeitig vor Ort zu sein.
Der erste Nachmittag reichte für eine erste Erkundung: Vom West-Eingang zum Nord-Eingang einmal durch den Park. Der Eintritt, der für jeden Nationalpark fällig wird, ist in der Regel für sieben Tage gültig. Bei meinem ersten Halt stieß ich zu meiner großen Freude sofort auf einen Echinocatus horizonthalonius. Mein übliches Motto "Wo einer ist, sind auch zwei" versagte hier jedoch. Allerdings fand ich später an einer anderen Stelle noch ein zweites Exemplar der Art.
Ich hatte im April viele Pflanzen in Blüte erwartet. Der erste Eindruck war aber ein ganz anderer. Viele Pflanzen schienen zu darben. Von Texas nach Kalifornien fahrend, erlebt man drei recht unterschiedliche Klimazonen. In Texas ist der Winter die trockene Jahreszeit, die regen-reichsten Monate sind Juni bis August. In Arizona sind zwar auch Juli und August die Regen-Monate, aber sowohl im Winter wie Frühjahr fällt regelmäßig Regen. Nur das Frühjahr - April bis Juni - sind ausgesprochen trocken. Das Bild kehrt sich in Kalifornien dann um: Hier fällt die überwiegende Regenmenge im Winter, während die restlichen Monate sehr trocken sind. Dementsprechend sehen die Pflanzen in den einzelnen Parks sehr unterschiedlich aus. Ein und dieselbe Art sieht in einem Park abgemagert und leidend aus, im anderen ist sie prall und wohlgenährt und in voller Blüte.
Ich hatte bei der Reisevorbereitung für alle zu erwartenden Kakteen-Arten ihre Blütezeit notiert, musst im Big Bend allerdings feststellen, dass kaum etwas blühte, auch die Arten, deren Blütezeit nominal begonnen hatte.
Die faszinierende Landschaft musste den Mangel als blühenden Kakteen also ausgleichen:
http://www.hardyhuebener.de/kakteen/2011-04-17_usa-reisebericht01
Der zweite Tag war kompett dem Big Bend gewidmet. Es sollte ein sehr heißer Tag werden. Die durchschnttlichen Tageshöchsttemperaturen für die Jahreszeit liegen bei ca. 28°C, aber aber am Nachmittag zeigte das Thermometer 107°F, gut 41°C. An diesem Tag sahen nicht nur die Pflanzen, sondern auch ich leidend aus. Witzigerweise stieg am kommenden Tag trotz ebenfalls wolkenlosen Himmels des Thermomenter nicht über 25°C. Unterschiedlich warme Luftmassen sind für diese extremen Schwankungen wohl verantwortlich.
Höhepunkt des Tages war der Fund einer Stelle mit zahlreichen Echinocactus horizonthalonius: Eine Stelle mit schieferartigem Gestein, überzogen mit einer dicken weißen staubartigen Sandschicht. Alles war mit dieser weißen Schicht überzogen. Den Echinokakteen schien es zu gefallen.
http://www.hardyhuebener.de/kakteen/2011-04-17_usa-reisebericht02
Jeder besuchte Park dieser Reise steht bei mir unter dem Eindruck eines bestimmenden Kaktus. Das ist nicht unbedingt die dort am häufigsten vorkommende Art, sondern die, die mich am meisten begeistert oder beeindruckt hat. Im Big Bend ist es eindeutig der Echinocactus horizonthalonius.
Wenn man auf der Suche nach Kakten durch das Gestrüpp streift, lässt sich der Kontakt mit Ästen und Zweigen nicht verhindern. Eine lange Hose ist von Vorteil, ein paar Kratzer lassen sich dennoch kaum vermeiden. Probelmatisch ist, dass Cylindropuntia leptocaulis, die hier häufig vorkommt, sich perfekt als "normales Gestrüpp" tarnt, denn die Menge der beim Kontakt freigesetzten Glochiden lässt einen nicht unbeeindruckt. In meinem Photorucksack war daher auch stets eine Pinzette für Erste-Hilfe-Maßnahmen mit dabei.
Was habe ich an Kakteen noch alles im Big Bend gesichtet? Coryphantha macromeris, eine noch näher zu bestimmende Escobaria-Art, zahlreiche Echinocereen, Opuntien und Cylindropuntien (u.a. C. leptocaulis und vermutlich die bodendeckende Form von C. whipplei).
Am nächsten Tag fuhr ich von Presidio auf der 170 gen. Osten, also am Rio Grande (der bei Trockenheit alles aldere als „grande“ ist) südlich des Big Bend Ranch State Parks entlang bis zum Big Bend. Nicht viel Neues zum vorhergehenden Tag ... größere Vorkommen von Coryphantha macromeris, zwei Exemplare von Ferocactus hamathacanthus, den ich im Big Bend gar nicht gesehen hatte. Insgesamt waren die Pflanzen hier etwas wohlgenährter als im Big Bend.
Sehr frustrierend war übrigens, dass in Texas jeder noch so unwirtliche Quadratzentimeter Land eingezäunt ist. „Private Property“. Ich habe alleine in Texas etwa 2.000 Autokilometer zurückgelegt, aber nich einen Meter entlang der Straßen entdeckt, die nicht einezäunt gewesen wären. Einfach mal ins Grüne und ein paar Meter spazieren gehen – UNMÖGLICH :-(
Mount Davis State Park
Diesen Park hatte ich gar nicht eingeplant. Ich wollte auf dem Weg von Carlsbad nach Tucson das Chihuhuan Desert Research Institute besuchen. Auf der Suche nach diesem Institut in der Nähe von Fort Davis, ca. 50km nördlich von Carlsbad, sah ich zufällig den Hinweise zum State Park, den ich kurzentschlossen besuchte. Es ist ein recht kleiner Park, dessen Schwerpunkt anscheinend darin liegt, Reisemobilen einen Stellplatz im Grünen zu bieten. Es sind sowieso erstaunlich viele Reisemobile hier unterwegs. Allerdings nicht so kleine Reisemobilchen, wie bei uns in Deutschland, sondern eher kleine Häuser auf Rädern. Im Schnitt ist ein Reisemobil hier wohl doppelt so groß, wie ich sie aus Deutschland kenne. Und oft ziehen sie noch ein Auto oder ein Boot hinter sich her.
Lange Rede, kurzer Sinn: Als ich die Landschaft sah, dachte ich sofort an Echinocereus viridiflorus. Die Grasflächen an den Hängen der Hügel schienen mir für die Art prädestiniert. Und nach 30 Minuten intensivster Suche im Grasland, fand ich auch glatt den ersten Echinocereus. Mein Motto lautet: Wo einer ist, sind auch zwei. Und so fand ich in der folgenden Stunde auch glatt fünf Exemplare der Art, alle gut im Gras versteckt. Die meisten hatten zwar schon die ersten Knopsen gebildet, aber blühten noch nicht. Nur einer war den anderen etwas voraus:
http://www.hardyhuebener.de/kakteen/2011-04-17_usa-reisebericht03
Ich tippe auf Echinocereeus viridiflorus ssp. chloranthus, muss da aber nochmal genau nachforschen.
Daneben gibts im Park natürlich auch Opuntien und Cylindropuntien. Die gibts aber wirklich überall und da sie mich nicht weiter begeistern, werde ich sie im folgenden einfach nicht mehr erwähnen.
Das wars dann auch schon, was es über den Mt. Davis State Park zu berichten gibt. Anschließend ging es auf die Reise nach Carlsbad, wobei man zugleich von der Central Daylight Saving Time zur Mountain Dailight Saving Time wechselt.
Carlsbad Caverns und Guadalupe Mountains National Parks
Mit den Carlsbad Caverns stand am nächsten Tag zunächst ein Kakteen-freier Programmpunkt auf dem Plan. Die Carlsbad Caverns sind riesige Höhlen, die zu den größten Höhlen der Welt gehören und zum UNESCO-Weltnaturerbe ernannt wurden. Eigentlich wollte ich mich auf die Vegetation über den Höhlen konzentrieren, aber ein Arbeitskollege, der den Park kannte, hatte mich glatt für verrückt erklärt, als ich das andeutete. Sah mich also veranlasst, doch einen Blick unter die Erdoberfläche zu werfen. Und: Es hat sich gelohnt. Für die Eiligen gibt es den sofortigen Abstieg ins Zentrum des Höhlensystems mit dem Fahrstuhl. Wer aber die ganze Tour macht und zu Fuß hinabsteigt, der sollte dafür, inklusive Innehalten und Staunen, 2 1/2 bis 3 Stunden einplanen.
Die Höhlen sind auch das Sommerquartier für Fledermäuse, die hier ihre Jungen zur Welt bringen, den Winter aber in Mexiko verbringen. Das abendliche Ausliegen von Hunderttausenden von Fledermäusen verdunkelt den Abendhimmel. Diese Ereignis wird von den Park-Rangern gekonnt als Show präsentiert. Im Schnitt werden ca. 400.000 Fledermäuse gezählt (es wird mittels Infrarotaufnahmen und Computeranalyse die Anzahl regelmäßig gezählt; in Spitzenzeiten wurden bis zu einer Millionen Tiere festgestellt). Leider waren erst wenige Tiere aus den Winterquartieren nach Carlsbad gekommen. Man ging davon aus, dass die Show ab Mitte Mai durchgeführt wird.
Die Fledermäuse sind mit dafür verantwortlich, dass die Höhlen gefunden wurden. Der Mist, den die Fledermäuse produzieren - er erreicht derzeit wohl eine Höhe von bis zu 12 Metern - fand lange Zeit als Dünger Verwendung und wurde daher abgebaut. Ein Cowboy erforschte die Höhlen weiter, man schenkte seinen Berichten aber zunächst keinen Glauben. 1923 wurde dann durch das Innenministerium eine offizielle Sichtung beschlossen und in Folge die Höhlen zum National Monument ernannt und später zum National Park „befördert“. Der genaue Umfang ist auch heute noch nicht abschließend erforscht. Es finden immer wieder neue Expeditionen statt, die weitere Bereiche der Höhlen erkunden.
Der für den Besucher zugängliche Teil ist aber schon mehr als ausreichend. Die Wege sind alle asphaltiert, teils sogar für Rollstuhlfahrer zugänglich. Alles ist zurückhaltend und zugleich effektvoll beleuchtet. Die Temperatur in der Höhle ist mehr mehr oder weniger konstant 13°C, die Mitnahme einer leichten Jacke wird empfohlen, mir wurde aber auch mit kurzem Hemd nicht kalt und die Jacke kam nicht zum Einsatz.
http://www.hardyhuebener.de/kakteen/2011-04-17_usa-reisebericht04
Bliebe noch zu erwähnen, dass im Park natürlich auch Kakteen vorkommen, insbesondere ein paar hübsche, blühende Echinocereen, die Opuntien und Cylindropunten wollte ich ja nicht mehr erwähnen ...
Anschließend stattete ich dem Guadalupe Mountains National Park noch einen kurzen Besuch ab. Die meisten Parks in den USA sind voll für das Auto erschlossen. Der Standard-Besucher fährt mit dem Auto hindurch, macht das ein oder andere Photo aus dem geöffneten Autofenster und steigt vielleicht zum Lesen der einige Info-Tafeln auch schonmal aus. (Das ist natürlich stark vereinfacht. Es gibt auch viele wandernde oder Mountain-bikende Amerikaner. Der durchschnittliche Besucher legt aber vermutlich nicht viel mehr als 100m zu Fuß zurück). Die Guadalupe Mountains sind aber, anders als die meisten anderen Parks in den USA, nur in geringem Maß für das Auto erschlossen. Wenn man vom Park was sehen will, muss man sich schon zu Fuß aufmachen. Ich bat im Besucherzentrum um Tipps, wo's interessante Kakteen zu sähen gebe. Zunächst wollte man mir blühende "Strawberry Cacti", als Echinocereen andienen. Nachdem ich nicht sonderlich enthusiastisch wirkte, kramte ein Ranger ein Bestimmungsbuch hervor, zeigte auf die Passage mit Neolloydia intertexta (heute Echinomastus intertextus) und berichtete von einer kleinen Kolonie dieser Art. Ich war sofort Feuer und Flamme und lies mir den Weg zur Fundstelle beschreiben.
Ich war zwei Stunden suchend unterwegs. Dabei waren auch zwei Wegabschnitte, die mir gar nicht behagten: Ein schmaler Pfad mit losem Schiefergestein, leicht abwärts geneigt, daneben ein Abhang 50 Meter in die Tiefe, auf dem es im Falle eines Falles kein Halten geben würde. Dabei blies ein sehr kräftiger Wind. Ich hätte mir wirklich einen Draht oder Tau zum Festhalten gewünscht ...
Ich war kurz vor dem Aufgeben, als ich endlich die erste Pflanze entdeckte. Und getreu dem Motto "Wo einer ist, sind auch zwei" fand ich mich bald inmitten einer kleinen Kolonie wieder. Echinomastus intertextus blüht im Zeitraum Februar bis April, aber leider waren hier bereits alle Pflanzen verblüht.
Es ist schon erstaunlich, welches Glücksgefühl einen übermannt, wenn man eine gesuchte Pflanze gefunden hat ;-) Der Rückweg dauerte dann, einschließlich noch einiger Photos, nur noch eine Stunde.
Der Vollständigkeit habe sei noch erwähnt, dass noch diverse blühende Echinocereus triglochidiatus und eine weitere Echinocereus-Art, die ich noch nicht sicher bestimmen konnte, zu sehen waren.
Saguaro National Park und Arizona Sonoran Desert Museum
Von Carlsbad gings weiter nach Tucson, Arizona - nochmal die Uhr eine Stunde zurückstellen. Kurz vor Tucson waren aus dem Auto heraus große Feros zu erkennen. Die musste ich unbedingt aus der Nähe sehen. Also nächste Ausfahrt raus ... aber wieder dieses Zaun-Problem: Es gab keinen Zugang zu den Kakteen. Wieder auf die Interstate, nächste Ausfahrt - selbes Problem. Bei der übernächsten Ausfahrt hatte ich Glück: Eine große Fläche nicht eingezäunt, nicht als "private property" gekennzeichnet, kein Haus, kein Hof weit und breit. Yippee! Und überall große, wohlgenährte Ferocactus wislizeni.
http://www.hardyhuebener.de/kakteen/2011-04-17_usa-reisebericht05
Die größte Pflanze über 2 Meter hoch. Wirkliche Jungpflanzen gab es nicht. Die kleinste Pflanze war etwa 10 cm hoch, hatte dabei aber schon einen Durchmesser von ca. 30cm.
Was gabs dort noch zu sehen? Einen cristaten Ferocactus wislizeni sowie einige kurz vor der Blüte stehende Echinocereen.
Am folgenden Tag stand der Saguaro National Park auf dem Programm. 06:15 Sonnenaufgang, 04:30 klingelt der Wecker (gähn). Saguaro (Carnegiea gigantea) spricht sich übrigens Sa-Wah-Ro, mit Betonung auf der mittleren Silbe. Der Park besteht aus einem West- und einem Ost-Teil. Wenn man mit dem West-Teil beginnt, kann man im Anschluss das Arizona Sonoran Desert Museum besuchen und dann die Tour mit dem Ost-Teil des Parks abschließen.
Die Saguaros sind in in Arizona gar nicht selten, kommen auch außerhalb der Nationalparks häufig vor. Sogar in der Stadt findet man einige, hier beispielsweise vor einem bekannten Feinschmecker-Restaurant:
http://www.hardyhuebener.de/kakteen/2011-04-17_usa-reisebericht06
Die meisten Saguaros haben eine Höhe von schätzungsweise 3 bis 6 Metern, aber auch kleinere Exemplare sind zahlreich vorhanden, viele um die 30cm. Ich hab, trotz intensivser Suche jedoch keine Pflanze kleiner als 10cm gefunden. Man erkennt an den Jungpflanzen, dass sie fast ausschließlich in direkter Nähe eines Gestrüpps, oder auch mittendrin oder am Fuße eines anderen Kaktus wachsen. Ohne diesen Schutz vor Gefressen- oder Zertrampelt-Werden und ggf. dem Schutz gegen die pralle Sonne, scheint kein Kaktus groß zu werden (diese Schutz bietenden Pflanzen nennt man "nursing plant"; manchmal nimmt auch ein Felsbrocken diese Schutzfunktion wahr). Um Sämlinge zu finden, muss man also dort suchen. Aber trotz dieser Erkenntnis gelang es mir nicht, Mini-Saguaros zu finden.
Der Höhenrekord für einen Saguaro liegt wohl bei 18 Metern. Es fällt mir schwer, die Höhe der größten Exemplare zu schätzen, die ich gesehen hab. Ich vermute, 8 bis 10 Meter.
Die Hauptblütezeit der Saguaros liegt im Mai, wobei sie vereinzelt auch später, sogar bis in den Winter hinein blühen können. Dementsprechend hatten die meisten noch keine Knospen angesetzt, aber ca. 5% der Pflanzen zeigten schon die ersten Knospen. Und eine Handvoll Pflanzen hatten (mir zuliebe?) schon die ersten Blüten angesetzt.
http://www.hardyhuebener.de/kakteen/2011-04-17_usa-reisebericht07
Was gab es sonst noch zu sehen? Ein paar kristate Saguaro-Exemplare, viele Mammillaria grahamii (Blütezeit üblicherweise April bis in den September, aber ich habe leider nur eine einzige Pflanze in Blüte gesehen), natürlich wieder viele Ferocactus wislizeni (größtes Exemplar 2 Meter hoch; blühen erst im Spätsommer/Herbst) und blühende Echinocereen (vermutlich E. engelmannii).
Liebend gerne hätte ich ein paar Schlangen, Schildkröten oder Skorpione in freier Wildbahn gesehen. Leider ist es gar nicht so leicht, diese zu sichten. Die meisten meiden die Hitze, sind nachtaktiv, oder benötigen andererseits mehr Wärme (die Tageshöchsttemperaturen auf dieser Reise variierten zwischen 4°C und 41°C!). Die einzige Schlange, die mir vor die Kamera kam, war im Arizona Sonoran Desert Museum daheim. Witzigerweise, befand sich die Schlage aber nicht IN einem der Terrarien, sondern auf dem Weg DAVOR.
http://www.hardyhuebener.de/kakteen/2011-04-17_usa-reisebericht08
Dazu muss man erklären, dass das "Museum" eine Kombination von Zoo und Freilichtmuseum ist, Wüste komprimiert dargestellt in der Wüste. Das Museum umfasst also auch den Lebensraum der Schlange. Ob die Schlange nun aus einem der Terrarien ausgebüchst war, oder aus der Wüste mal einen Ausflug in den Zoo unternehmen wollte, wurde nicht deutlich. Die "Ranger" bemühten sich später, das Tier einzufangen. Opfer gab es keine zu beklagen.
Einen Besuch im Arizona Sonoran Desert Museum kann ich in jedem Fall empfehlen (es sei denn, man will keinen Schlangen begegnen, aber dann darf man auch nicht in die Nationalparks). Es wird viel gezeigt, viel erklärt. Neben Kakteen und anderer Wüstenvegetation werden auch tierische Wüstenbewohner gezeigt, auch Kakteen, die nicht in Arizona beheimatet sind. Lieder sind nicht alle Exemplare sauber mit Namensschild versehen. Dennoch lohnenswert. Und nachdem einem die Wüste erklärt wurde, kann man im Souveniershop dann Kühlschrankmagneten mit integrierten, lebenden Kakteen oder andere dornige Absonderheiten erstehen. Der aufrichtige Versuch, das Ökosystem Wüste zu erklären endet spätestens im Museums-Shop ...
Der Ost-Teil des Saguaro National Parks war dann nur noch der Vollständigkeit halber Programmpunkt und hat keine neuen Erkenntnisse oder Aha-Erlebnisse gebracht.
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[Fortsetzung folgt]